
Aus der WRC in die Eifel: Toyotas GR Yaris auf der Nordschleife - Bildnachweis: Toyota
Tradition, Technik, Teststrecke: Die Nordschleife als Prüfstand der Extreme
Der Nürburgring gilt nicht ohne Grund als einer der anspruchsvollsten Rennkurse der Welt. Kaum eine Strecke fordert Fahrzeuge und Fahrer gleichermaßen so kompromisslos wie die legendäre Nordschleife in der Eifel – von Jackie Stewart einst ehrfürchtig als „Grüne Hölle“ bezeichnet. Für Toyota hat sich diese Strecke im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte zu weit mehr als einem Testgelände entwickelt: zum Symbol für technologische Reife, für Lernkurven im harten Motorsportalltag – und für die Rückbesinnung auf die Wurzeln einer markenprägenden Ingenieurskultur. Nun steht das Comeback bevor. Nach sechs Jahren Pause greift Toyota 2025 wieder offiziell ins Renngeschehen ein – mit neuem Team, neuem Auto und überarbeiteten Zielen.
Vom Außenseiter zum Werksteam: Die Geschichte hinter dem Einsatz
Als Toyota 2007 erstmals am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilnahm, geschah dies noch unter gänzlich anderen Vorzeichen. Zwei Fahrzeuge vom Typ Altezza – zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren aus der Serienproduktion – wurden eingesetzt, und der Markenname selbst durfte aus formalen Gründen nicht verwendet werden. Das Team agierte unter dem Radar, ohne große Unterstützung, mit gebrauchten Fahrzeugen und weit entfernt von der heutigen Professionalität. Dass man das Rennen überhaupt beenden konnte, galt intern bereits als Erfolg.
In den Folgejahren wuchs das Engagement kontinuierlich. Die Mannschaft wurde ausgebaut, das technische Know-how vertieft, die Strategie professionalisiert. 2010 gelang der erste Klassensieg mit dem Supersportwagen Lexus LFA, der am Nürburgring unter realen Bedingungen entwickelt worden war. Zwei Jaahre später sicherte sich auch der neue Toyota GT86 bei seinem Debüt den Klassensieg, 2014 dann der sportliche Höhepunkt: drei Klassensiege in drei Klassen – ein Novum für die Marke. 2015 folgte die Anerkennung als offizielles Werksteam unter dem Namen Toyota Gazoo Racing.
Doch die Nordschleife blieb für Toyota ein zweischneidiges Schwert. Neben Erfolgen standen immer wieder Rückschläge, technische Defekte und witterungsbedingte Ausfälle. Der viel beachtete GR Supra kam 2019 zu seiner Rennpremiere, doch es reichte nur für einen dritten Platz. Die Jahre 2020 und 2021 fielen pandemiebedingt aus, 2022 kollidierte der Renntermin mit einem Einsatz in Japan, und 2023 blieb es bei vereinzelten Testfahrten.
2025: Ein Neuanfang mit bekannten Gesichtern und neuen Zielen
Für 2025 erfolgt nun der nächste strategische Schritt: Toyota kehrt gemeinsam mit Rookie Racing unter dem gemeinsamen Banner Toyota Gazoo Rookie Racing (TGRR) in den aktiven Wettbewerb zurück. Eingesetzt wird dabei der jüngst überarbeitete GR Yaris – ein Fahrzeug, das seine Motorsportqualitäten bereits in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.
Der für die Nordschleife modifizierte GR Yaris bringt nicht nur die bekannte Kompaktheit und Agilität mit, sondern verfügt über eine entscheidende technische Neuerung: das neue Gazoo Racing Direkt-Automatikgetriebe. Dieses soll unter Volllast präzise Gangwechsel bei maximaler Fahrdynamik ermöglichen und wurde nach umfangreichen Testfahrten in Japan und Europa auch auf dem Nürburgring selbst erprobt.
Der GR Yaris als Brücke zur WRC – und zur Serienentwicklung
Was auf der Rundstrecke getestet wird, fließt oft direkt in die Serie ein. Toyota sieht im GR Yaris nicht nur ein reines Rennsportgerät, sondern auch eine technologische Plattform. Das Fahrzeug basiert auf der Erfahrung der Weltmeisterschaft – und Toyota Gazoo Racing konnte dort zuletzt eine beispiellose Erfolgsserie feiern. Mit fünf Siegen in fünf Läufen und dem Konstrukteurstitel 2024 demonstrierte das Team auf Schotter, Asphalt und Schnee eine außergewöhnliche Konstanz. Die Erkenntnisse aus diesem Umfeld bilden nun die Grundlage für den Langstreckeneinsatz auf dem Nürburgring.
Auch Akio Toyoda, langjähriger Vorstandsvorsitzender und Motorsport-Enthusiast, ist selbst wieder mit dabei – als „Morizo“, seinem Pseudonym als aktiver Rennfahrer. Seine Beteiligung unterstreicht den Anspruch, das Engagement nicht als PR-Maßnahme, sondern als ernst gemeinte Plattform für Entwicklung und Ingenieurskultur zu verstehen. Toyoda hat in der Vergangenheit wiederholt betont, dass gutes Personal und gute Autos sich im Wettbewerb formen – nicht am Reißbrett.
Modellvarianten, Technik und Preisstruktur des GR Yaris
Der überarbeitete GR Yaris, auf dem das Einsatzfahrzeug basiert, wurde im Frühjahr 2024 vorgestellt. Auch in der Serienversion profitiert er von zahlreichen Motorsportanleihen. Ausgestattet ist er mit einem 1,6-Liter-Dreizylinder-Turbomotor, der in der Topversion 280 PS leistet und über Allradantrieb verfügt. Optional kann die neue Achtgang-Automatik gewählt werden, die sich auch im Rennfahrzeug befindet.
Die Preise für den GR Yaris beginnen bei rund 45.000 Euro für die Basisversion mit Schaltgetriebe. Die Variante mit Automatikgetriebe liegt bei etwa 47.500 Euro. Für die auf Rennstrecken fokussierte Circuit Edition mit zusätzlichen Kühlsystemen und Sportdifferenzial werden etwa 50.000 Euro fällig. Eine offizielle Preisangabe für das Rennauto gibt es nicht, doch erfahrungsgemäß liegen die Umbaukosten je nach Spezifikation deutlich im sechsstelligen Bereich.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Was Toyota jetzt beweisen muss
Trotz aller Erfolge bleibt der Nürburgring eine Herausforderung. Selbst für ein Team mit WRC-Erfahrung ist der Wechsel auf die 24-Stunden-Distanz mit völlig anderen Rahmenbedingungen verbunden. Reifenwahl, Lichttechnik, Dauerhaltbarkeit und Fahrerwechsel – all das sind Faktoren, die sich auf Schotterpisten der Rallye-WM nicht in dieser Form stellen.
Auch die Konkurrenz ist stark. Hersteller wie BMW, Mercedes-AMG und Porsche betreiben seit Jahren Werksport mit hohen Investitionen und erfahrenen Crews. Für Toyota wird es also nicht nur darum gehen, ein schnelles Fahrzeug zu präsentieren, sondern auch einen sauberen, strategisch klugen Auftritt hinzulegen.
Ausblick: Motorsport als Teil der Marken-DNA
Ob der GR Yaris in der Grünen Hölle bestehen kann, wird sich beim Rennen zeigen. Doch unabhängig vom Ausgang hat Toyota mit dem Comeback ein deutliches Signal gesendet: Der Motorsport bleibt integraler Bestandteil der Markenidentität. Dabei geht es nicht allein um Sieg oder Niederlage, sondern um Erkenntnisgewinn – für Mensch, Maschine und Marke.
Wenn die Nordschleife als Prüfstand der Wahrheit gilt, dann beginnt Toyotas nächstes Kapitel exakt dort, wo alles begann: in der Grünen Hölle.
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