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DAT: Gebrauchtfahrzeugwerte für Diesel-Fahrzeuge sinken unter das Niveau des Vergleichszeitraums im Vorjahr

Standzeiten in Tagen – bildnachweis: DAT Dieselbarometer September 2017

 

Bestelldauer von neuen Benzinern nimmt zu

Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat die Ergebnisse der Befragung für das aktuelle DAT Diesel-Barometer anlässlich der regelmäßigen Tagung des von ihr einberufenen Experten-Arbeitskreises vorgestellt. Basis ist erneut eine repräsentative Befragung beim Automobilhandel in Deutschland zu den Auswirkungen der aktuellen Diskussion um den Diesel, Umweltprämien und die nach wie vor drohenden Fahrverbote. Hier die Ergebnisse im Überblick:

 

1) Gebrauchte Benziner stark nachgefragt: Der Automobilmarkt hat im August nur bei den Benzin-Gebrauchtwagen zugelegt. Einen Rückgang im Vergleich zum Vormonat Juli zeigte sich dagegen bei den Diesel-Neuwagen, den Diesel-Gebrauchtwagen und den Benzin-Neuwagen. Kumuliert liegt der Gesamtmarkt nach wie vor im Plus.

 

2) Diesel-Fahrzeuge gehen zunehmend in andere Verkaufskanäle: 45 % der Händler gaben an, ihre Diesel-Gebrauchtwagen vermehrt in Auktionen, an andere Händler oder auch direkt ins Ausland zu verkaufen. Dies ist eine Steigerung von zehn Prozentpunkten gegenüber dem Juli. Auch die Bestelldauer von Benzinfahrzeugen beim Hersteller hat zugenommen. 12 % und damit etwas mehr Händler als im Juli gaben zudem an, einen Einstellungsstopp bzw. Entlassungen vorgenommen zu haben.

 

3) Beratungsleistung des Handels wächst weiter: Mittlerweile 92 % aller Händler führen intensivere Kundengespräche zum Diesel. Der Markenhandel sogar zu 94 %. Dies bindet in erheblichem Umfang die Personalressourcen im Vertrieb aber auch im Werkstattbereich, weil die Kunden keine Gelegenheit ausnutzen, um sich Klarheit über mögliche Einschränkungen der Nutzung ihrer Fahrzeuge bei drohenden Fahrverboten zu verschaffen. Den zusätzlichen Beratungsaufwand bekommen die Händler von den Herstellern und Importeuren in der Regel nicht vergütet.

 

4) Informationsbedarf der Verbraucher zu alternativen Antrieben ist gestiegen: Auf die Frage, ob die Nachfrage nach alternativen Antriebsarten gestiegen sei, antworteten 40 % der Händler mit „Ja“. Dies ist eine Steigerung um 9 Prozentpunkte gegenüber der letzten Befragung. In absoluten Zahlen machen die Neuzulassungen von Pkw mit alternativen Antrieben weiterhin nur 3 % des Gesamtvolumens aus.

 

5) Diesel-Gebrauchtwagenwerte liegen erstmals in diesem Jahr unter dem Vorjahresniveau: Seit Anfang des Jahres lagen die Werte von dreijährigen Gebrauchtwagen über alle Modelle und Marken stets über denen des Vorjahrs. Das war sowohl bei Benzinern als auch den Dieseln der Fall. Nun zeigt sich bei den Diesel-Fahrzeugen für den August ein Wert von 54,2 % des ehemaligen Listenneupreises. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 54,5 %. Die dreijährigen Benziner geben sich aktuell dagegen sehr stabil bei 56,1 %.

 

6) Standtage von gebrauchten Diesel-Pkw über 100: Mit 101 Tagen überschreiten die Standzeiten für Diesel-Gebrauchtwagen erstmals die 100 Tage-Marke. Das ist eine Zunahme von 7 Tagen gegenüber dem Vormonat. Die Differenz zu den vergleichbaren Benzinern liegt bei 21. Sie kommen auf 80 Tage.

 

7) Standkosten bei 26 Euro: Die Händler gaben bei der aktuellen Befragung an, dass ein einzelner Diesel-Gebrauchtwagen pro Tag mit Kosten von 26 Euro zu Buche schlägt. Das bedeutet, dass der Handel allein durch die Standkosten pro verkauftem Diesel-Fahrzeug im Vergleich zu einem Benziner durchschnittlich 546 Euro verliert.

 

8) Umweltprämie sorgt für mehr Benziner-Verkäufe: Die von den Automobilherstellern initiierten Umweltprämien führen beim Handel dazu, dass mehr Benziner verkauft werden. 51 % der Händler bestätigten dies. Zudem wurde deutlich, dass 15 % der Händler mehr Euro-6-Diesel, 13 % mehr Pkw mit alternativen Antrieben verkauft haben. Bei 31 % der Händler hat die Prämie aktuell keinerlei Auswirkungen.

 

Aus der Diskussion mit den Händlern des Experten-Arbeitskreises Diesel-Barometer haben sich darüber hinaus folgende vier Thesen herauskristallisiert:

– Gebrauchtfahrzeuge mit alternativen Antrieben und insbesondere reine  Elektrofahrzeuge sind schwer verkäuflich. Dies kann man u.a. an den Standzeiten der Fahrzeuge ablesen, welche mit 121 Tagen noch höher sind als bei Diesel-Fahrzeugen. Den Grund dafür sehen die Experten in der Tatsache, dass sich bei diesen Fahrzeugen der technische Fortschritt so rasant entwickelt, dass Gebrauchtfahrzeuge nach einigen Jahren gegenüber Neufahrzeugen technisch bereits völlig veraltet sind. Eine vergleichbare Entwicklungsgeschwindigkeit gibt es weder bei Dieseln noch bei Benzinern.

 

– Die Politik und die Hersteller bzw. Importeure müssen verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Sollte nach der Bundestagswahl keine Klarheit zu den angedrohten Fahrverboten kommen, werden die Verkaufspreise speziell für die Euro-5-Diesel weiter unter Druck geraten. Das gilt selbstverständlich erst recht für die Preise bei Inzahlungnahmen, was die Verbraucher dann deutlich zu spüren bekommen werden. Mit Sorge betrachten die Mitglieder des Experten-Arbeitskreises die Restwerte bei Leasing- und Flottenrückläufern, da selbige sich immer weiter von den ursprünglich kalkulierten Marktwerten am Ende der Laufzeit entfernen.

 

– Der Experten-Arbeitskreis befürwortet zur Lösung des Problems eine über die Software-Updates hinausgehende technische Nachrüstung mit Abgasreinigungssystemen, zumindest bei den Euro-5-Dieselfahrzeugen. Nur solche Umrüstmaßnahmen werden mittelfristig dafür sorgen, das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und die Euro-5-Diesel zukunftsfähig und wertstabil zu halten.

 

– Der Automobilhandel braucht mehr Informationen und intensivere Schulungen zu den alternativen Antriebsarten. Die daraus resultierende Bindung von Personalressourcen in den Betrieben sollte von den Herstellern und Importeuren finanziell gefördert werden, solange die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben keine signifikanten Anteile an den Produktpaletten haben.

 

Jens Nietzschmann, DAT-Geschäftsführer: „Wir haben aktuell die Situation, dass sich mehrere Faktoren zu Ungunsten der Diesel-Gebrauchtwagen entwickeln. Die Verunsicherung und Kaufverzögerung der Verbraucher macht sich nicht nur bei den KBA-Zahlen, sondern auch bei den Standtagen und Fahrzeugwerten bemerkbar. Die Leidtragenden sind hier nach wie vor im Automobilhandel zu verorten. Verbraucher sind dann betroffen, wenn sie derzeit planen, ihre Diesel-Fahrzeuge zu verkaufen oder wenn sie in Einzugsgebieten von möglichen Fahrverboten wohnen und es zu diesen kommen sollte. Damit der Markt nicht weiter in Schieflage gerät, braucht es offenbar deutlichere Signale von der Politik und der Automobilindustrie, damit die Verbraucher ihr verlorengegangenes Vertrauen wieder zurückgewinnen und diejenigen, die für die Gesamtsituation absolut keine Verantwortung tragen – die Automobilbetriebe und Werkstätten – nicht noch stärker wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen werden.“