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Ein Roadster so schön wie Urlaub in Italien: Der Fiat 124 Spider Lusso im Test

Der Fiat 124 Spider Lusso in Passionsrot mit 140 PS im Test - Bildnachweis: MOTORMOBILES

 

Bezahlbarer Italo-Klassiker mit viel Fahrspass

Offene zweisitzige Roadster werden nicht wegen ihrer Alltagstauglichkeit und Vielseitigkeit gekauft. Bauartbedingt müssen Rodsterfahrer sich mit gewissen Einschränkungen bei der Nutzung arrangieren. Entschädigt werden Freiluft-Liebhaber mit aktivem Fahrspaß und viel Agilität. Kleine Nachteile und Schwächen wie eine geringe Anpassbarkeit der Sitze, ein manueller Dachmechanismus oder eine fehlende Längsverstellbarkeit der Lenksäule akzeptiert. Fünfzig Jahre nach dem Urmodell hat Fiat wieder einen 124 Spider im Modellprogramm, der sogar optisch seinen Vorgänger zitiert. Die längere Nase, der Hüftschwung und waagerechte Rückleuchten sollen an den legenden-verbrämten Spider erinnern. Auch die zwei Hutzen in der Haube sind eine stilistische Reminiszenz an den alten Spider. Allerdings hat Fiat die Neuauflage des Spider nicht selber entwickelt, sondern sich der Basis des Mazda MX-5 bedient. Ende 2016 launchte der offene Zweisitzer, der auch in Japan montiert wird.

In der Frankfurter Zentrale von FCA Deutschland ist es ein offenes Geheimnis, dass der 124er Spider bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. 2017, im ersten vollen Jahr des Verkaufs, wurden in Deutschland knapp 3.000 Neuzulassungen registriert. Vom Plattformspender Mazda MX-5, der zwar abweichend motorisiert ist, aber sonst weitgehend die Technik mit dem 124 Spider teilt, fanden mehr als 5.000 einen Käufer. Wir haben den Fiat 124 Spider gefahren, sind begeistert und finden den ungleichen Zuspruch nicht nachvollziehbar.

Fiat 124 Spider Lusso
Ein Roadster so schön wie Urlaub in Italien: Der Fiat 124 Spider Lusso im ausführlichen Fahrbericht - Bildnachweis: MOTORMOBILES
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Die Roadster-Saison 2018 soll für Fiats 124 Spider erfolgreicher werden. Mit einem neuen Paket aus veränderten Ausstattungsmerkmalen und gesenkten Preisen möchte der Hersteller den Absatz erhöhen. Der Kunde kommt je nach Ausstattung auf einen Preisvorteil von bis zu 7.000 Euro. Fiat hatte viele Jahre das Segment des offenen Zweisitzers nicht besetzt. Hier hat Mazda einen gravierenden Vorteil in der Markenkommunikation. Innerhalb von mehr als einem Vierteljahrhundert reifte der MX-5 zur selbstsprechenden Roadster-Ikone heran. Für Fiat spricht vor allem der nachlassende Wettbewerb und eine in diesem Segment durchaus vorhandene preisreagible Nachfrage. Viele Hersteller haben ihre Roadster auslaufen lassen. Im Leistungs- und Preissegment des Fiat Spider ist der Wettbewerb überschaulich. Es gibt viele Kunden die sich einen BMW Z4, Audi TT oder Mercedes SLK nicht leisten können oder wollen. Diese potenziellen Kunden sind eine ideale Zielgruppe für den Fiat 124 Spider.

Perfekter MX-5 mit einem gehörigen Schuss Italien

Fiat hat für das MX-5-Derivat gemeinsam mit Mazda kräftig am Blechkleid gezupft. Neben den kosmetischen Änderungen kommt im 124 Spider erstmalig sereinmäßig ein Turbomotor in den MX-5. Die Frontscheibe verfügt über Dämmglas und das Dach über eine Zusatzlage Verdeckstoff. Modifikationen am Fahrwerk und Lenkung runden den Fiat 124 Spider mit der notwendigen Eigenständigkeit ab. Der offene Zweisitzer soll an den Spider der 60er Jahre anknüpfen. Der Fiat 124 Spider verspricht mit Hinterradantrieb, geringem Gewicht und Vierzylinder-Turbomotoren reichlich Fahrspaß. Und auch das Auge kommt nicht zu kurz: Mit seiner knackigen Formgebung punktet der 124 Spider mit vielen gekonnten italienischen Retro-Anleihen im Blech des
Exterieur wie aber auch im Interieur.

Im direkten Vergleich zu seinem Plattformspender wirkt der 124 Spider dank längerer Überhänge wie ein vollkommen anderes Auto. Der Fiat wirkt stilistisch erwachsener und kann seinen minimalen Längenvorsprung dennoch in mehr Alltagstauglichkeit transferieren. Immerhin fasst der niedliche Kofferraum neun Liter mehr als der des MX-5. Aufgrund der extrem begrenzten Platzverhältnissen ist jedes zusätzliche Voluminia – und sei es auch noch so klein – positiv hervorzuheben. In den engeren Ausschnitt passen 140 Liter. In der Praxis weder Golftasche noch größere Hartschalen-Koffer eingeladen werden. Zwei kleine Boadtrolleys oder besser weiche Taschen fürs Wochenende müüssen genügen. Auch den extrem knapp bemessene Innenraum des Fiat teilt sich dieser mit seinem japanischen Kollegen: Beide verfügen nur über sehr limitierte Ablagemöglichkeiten.
Wer sich in die feinen Ledersitze (Serie bei von uns gefahrnen Ausstattungsvariante Lusso) gesetzt hat, wird schnell feststellen, dass sich gegenüber dem Mazda MX-5 nicht gravierend viel geändert hat. .Auch die Materialauswahl, Haptik und Verarbeitung hinterlassen einen exzellenten Eindruck und übertreffen dann bei vielen Details dann sogar das gute Niveau des MX-5. Das Layout von Armaturenbrett und Zierleisten ist nicht ganz identisch. Fiat läßt zum einen mehr weichen oberflächen verbauen als Mazda. Der Instrumententräger des Cockpit ist mit Kunstleder samt Ziernähten überzogen. Eine horizontal verlaufende kleine Hochglanzl-Bodüre soll die Gestaltung etwas auflockern.

Sämtliche Bedienelemente und Anzeigen sind dagegen wiederum vollsändig identisch platziert. Die Bedienlogik erschließt sich schnell und erweist sich als unkompliziert. Die Ergonomie erweist sich bis auf die Bedienung des Radios als sehr gut gelöst. Die Sitzposition ist roadster-like herrlich tief und damit diametral zum aktuell vorherrschenden SUV-Trend. „Tief“ über dem Boden soll hier mehr „im“ Auto als auf ihm andeuten. Fahrer und Fahrzeug werden beim Roadster viel stärker zu einer Einheit. Das Infotainment-System Connect mit Navi nutzt den 7-Toll-Bildschirm, der druchaus etwas kontratreicher und hochauflösender sein dürfte. Wem der Klang nicht opulent genug ist, dem sei das optionale Soundsystem von Bose mit neun Lautsprechern empfohlen. Davon sind vier Lautsprecher relativ nah am Ohr von Fahrer und Beifahrer in den Kopfstützen platziert worden. Fiat bietet es für die Lusso-Ausstattung zu einem Aufpreis von 700 Euro an.

Das manuelle Verdeck erweist sich als gut gelöst. Das genial einfache Dachöffnen oder schliessen dauert nur zwei, drei Sekunden. Wenn es anfangen sollte zu regnen, kommt die schwarze Stoffkapuze des Fiat 124 Spider genauso schnell wieder aus seinem Versteck im Kofferraum, wie es beim Aufklappen darin verschwunden ist. Mit etwas Übung bedarf es dazu nur einer Handbewegung und geht auch ohne Verlassen des Fahrzeugs.

Die Platzverhälntisse setzen enge Grenzen. Der knapp geschnittene Roadster lässt für Menschen mit Körpergrößen oberhalb von 1,9 Metern nur wenig Raum für die zusätzliche Portion Komfort, die Fiat für sich im Vergleich zum MX-5 reklamiert.

Wenn es anfangen sollte zu regnen, kommt die schwarze Stoffkapuze des Fiat 124 Spider genauso schnell wieder aus seinem Versteck im Kofferraum, wie es beim Aufklappen darin verschwunden ist. Mit etwas Übung bedarf es dazu nur einer Handbewegung und geht auch ohne Verlassen des Fahrzeugs – Bildnachweis: MOTORMOBILES

Antrieb

Das italienische Flair und Differenzierung soll den vielen kleinen Differenzierungsmerkmalen vor allem der Antrieb vermitteln. Schließlich werden die Motoren in Italien gefertigt, dann nach Japan zu Mazda transportiert, und dann dort mit den Spidern verheiratet. Nach einem kurzen Druck auf den Startknopf erwacht der Fiat-eigene Einsvierer zum Leben – und klingt dabei durchaus sportlich. Dass vom Sounddesign noch mehr möglich wäre, dürfte all jenen bekannt sein, die Abarth kennen. Aber auch so als basistriebwerk ist der Klang schon angenehm. Das Turbo-Triebwerk harmoniert hervorragend mit dem Roadster. Den deutlich größeren Saugerkollegen im MX-5 vermag der italienische Turbo trotz nominell 20 Pferdestärken weniger auf dem Papier, in der Fahrpraxis nahezu allen Lebenslagen locker mitzuhalten. Einzig die Gasannahme und Drehfreude erweisen sich im Vergleich zu dem japanischen Saugmotoren etwas zurückhaltender. Es dürften primär die zusätzlichen 40 Newtonmeter Drehmoment sein, die aus dem 124 Spider den sportlicheren und souveräner motorisierten Roadster machen. Und dieser Unterscheid ist im Fahralltag deutlich spürbar.

Der Turbo-Vierzylinder bewegt sich gut durch das Drehzahlband. Ab 3.500 Touren legt das aufgeladene Aggregat nochmal kräftig zu und vermittelt damit deutlich mehr Fahrfreude als der MX-5. Kombiniert werden kann das Vierzylinder-Triebwerk mit Sechsgang-Handschaltung oder Automatikgetriebe. Der von uns gefahrene Variante des 124 Lusso präsentiert sich mit einer hervorragend abgestimmten Sechsstufen-Wandlerautomatik. Die Automatik erledigt ihren Job unauffällig und gut. Der italienische Roadster beschleunigt aus dem Stand auf Tempo 100 in 7,6 Sekunden. Erst oberhalb von 180 Stundenkilometern geht ihm langsam die Puste aus. Der Fiat 124 Spider ist allerdings eines der wenigen Fahrzeuge, in dem man Schaltwippen am Lenkrad vermisst. Wir haben alternativ am Mitteltunnel die Schaltung beeinflusst. Schaltwippen sind auch gegen Aufpreis nicht erhältlich. Außer man entscheidet sich für die Automatikversionen des Abarth. Der Spider fährt sich deutlich souveräner als der MX-5. Die Leistungscharakteristik des Saugmotors verlangt im Mazda immer den richtigen Gang zur richtigen Drehzahl. Der 124 Spider verfügt hier über das entscheidende Drehmoment-Plus dank Turbo-Wumms.

Den kombinierten Normverbrauch gibt Fiat mit 6,6 Litern je hundert gefahrene Kilometer – entsprechend einer CO2-Emission von 153 g/km – an. Unser Testverbrauch bei sportlicher Fahrweise betrug gut 8,5 Liter/100km.

Fahreigenschaften

Fahrwerk und Lenkung passen zum Charakter des 124 Spider. Federn, Dämpfer und Stabis sind im Fiat geringfügig sanfter abgestimmt als im MX-5. Dennoch ist auch dieses Fahrwerk nichts für komfortorientierte Weicheier. Die Lenkung ist ebenso direkt wie präzise. Der Spider bleibt stets mitteilsam und liebt vor allem schnelle durchfahrene Kurven. Auch der schlecht dosierbare Turboschub stellt hier kein Hindernis dar. Kräftige Beschleunigungen in der Kurve sorgen schonmal für einen leichten gutmütigen Heckschwenk, wobei die Leistung – mangels Sperrdifferential an der Hinterachse – verpufft.

Technische Daten Fiat 124 Spider Lusso 140 PS
Hersteller:Fiat / Mazda
Karosserie:Zweisitziger Roadster
Motor:1.4 MultiAir Turbo
Getriebe:Automatik (6-gang)
Antrieb:Heckantrieb
Hubraum:1.368 ccm
Emissionsklasse:Euro 6
Leistung:103 kW (140 PS) bei 5.000 U/min
Drehmoment:240 Nm ab 2.250 U/min
Von 0 auf 100:7,6 s
Höchstgeschwindigkeit:214 km/h
Verbrauch (ECE):6,6 Liter
CO2-Ausstoß 153 g/km
CO2-EffizienzklasseF
Kraftstoff:Superbenzin 95 ROZ
Wendekreis:10,7 Meter
Kofferraum:140 Liter
Bereifung205/45 R17
Tankinhalt:45 Liter
Leergewicht/Zuladung inkl Fahrer:1.561kg / 526 - 361 kg
Länge/Breite/Höhe/Radstand:4.045/1.740/1.230/2.310 mm
Basispreis ab 26.990 Euro

Preise und Extras

Die Preisliste für den 140 PS starken Fiat 124 Spider startet ab 24.990 Euro. Ab Werk mit enthalten sind zu diesem Preis Klimaanlage, Leichtmetallfelgen, Lederlenkrad, elektrische Fensterheber und Außenspiegel, Tempomat und Zentralverriegelung. Für das hervorragende sechsstufige Automatikgetriebe, das optional auch für den Abarth erhältlich ist, verlangen die Italiener einen Aufpreis von 1.900 Euro. Voraussetzung ist, dass man sich für die etwas gehobene (26.990 Euro) „Lusso“-Ausstattung entscheidet. Basierend auf der Ausstattungsvariante Lusso, zeichnet sich der neue Fiat 124 Spider S-Design durch eine erweiterte Serienausstattung sowie zahlreiche exklusive Exterieurdetails aus. Diese verfügt zusätzlich über Leder, Klimaautomatik, dunkle 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, doppeltes Endrohr (trotz gleicher Leistung), Nebelscheinwerfer, die Abdeckkappen der Außenspiegel, der Rahmen der Frontscheibe sowie die Überrollbügel hinter beiden Sitzen sind in dunklem Grau gehalten. Abgerundet wird der sportliche Look durch einen kleinen Sticker in den Farben der italienischen Flagge an der Kofferraumkante und seitliche rote Zierstreifen mit integriertem Logo „124 Spider“. Zusätzlich verfügt der von uns gefahrene 124 Spider über LED-Scheinwerfer inkl. dynamisches Kurvenlicht, Navi, DAB-Radio und Rückfahrkamera. In der Basis für knapp 25.000 Euro ist der Spider preislich gut einen Tausender über dem Mazda positioniert. Mehr Leistung hat der Abarth Spider, der über 170 Pferdestärken verfügt.

Fazit: Dem Italo-Japaner verzeiht man auch seine Herkunft

Der MX-5 präsentiert sich als Fiat 124 Spider mit einer authentischen Italo-Note und nicht zu mazdadesk. Der 124 Spider ist zweifelsohne im positiven Sinne ein eigenständiger Italiener und verdient druchaus in die Betrachtung des einen oder anderen MX-5, SLk oder TT-Roadster-Käufer mit einbezogen zu werden. Der 124 Spider tritt seitens des Antrieb und der Optik so eigenständig auf, dass der Vorwurf des negativ besetzten „Badge Engineering“ bei ihm nicht zutrifft. Der 124 Spider ist tip-top verarbeitet, bietet viel Fahrspaß zum fairen Preis und erweist sich in unserem Fahrbericht als extrem wendig und angenehm sportlich agil. Die herrlich-puristische Auslegung ohne unnötigen Schnickschnack erweist sich gerade bei einem Roadster als Vorteil. Zusammenfassend läßt sich festellen, dass der geneigte Roadster-Liebhaber aktuell in diesem Segment kaum einen preiswerteren Traumwagen als den Fiat 124 Spider finden dürfte.

Fiat 124 Spider Lusso
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