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Europa wird Polestar-Standort – Produktion des Polestar 7 startet 2028 in Košice

Die Markteinführung des Polestar 7 ist für 2028 geplant - Bildnachweis: Polestar

  

Europa wird Polestar-Standort – Produktion des Polestar 7 startet 2028 in Košice

Der Markt für Elektromobilität in Europa ist im Wandel. Handelskonflikte, neue Umweltvorgaben und strategische Umbrüche innerhalb der Automobilindustrie führen dazu, dass Hersteller ihre Produktion neu ausrichten. In diesem Kontext hat Polestar angekündigt, das künftige Modell Polestar 7 nicht in China, sondern im slowakischen Košice zu bauen. Ein mutiger Schritt, der nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringen, sondern auch politische Spannungen entschärfen soll.

Strategischer Wandel mit europäischem Fokus

Polestar, bislang eng mit China verbunden und operativ auf Werke der Geely-Gruppe gestützt, vollzieht mit dem Produktionsentscheid für Košice einen spürbaren Richtungswechsel. Das in Schweden geführte Unternehmen nutzt künftig ein neues europäisches Volvo-Werk als Produktionsbasis für den Polestar 7. Dieses Werk wird derzeit in der Ostslowakei aufgebaut und soll ab 2026 die Fertigung aufnehmen, zunächst für Modelle von Volvo selbst, danach für Polestar. Die geplante Produktion des Polestar 7 startet im Jahr 2028.

Der Standort in Košice gilt als logistisch günstig gelegen, mit guter Anbindung an zentraleuropäische Absatzmärkte sowie einem bereits bestehenden Netzwerk an Automobilzulieferern. Für Polestar ergibt sich daraus die Möglichkeit, sowohl die Transportwege als auch die CO₂-Bilanz des Produktionsprozesses zu optimieren. Gleichzeitig entzieht sich das Unternehmen damit einem zunehmenden regulatorischen und politischen Druck im Zusammenhang mit Fahrzeugimporten aus China.

Technische Plattformen und Konzernsynergien

Der Polestar 7 wird auf einer neuen Generation von Konzernarchitekturen basieren, die innerhalb der Geely-Gruppe und konkret bei Volvo entwickelt wurden. Genutzt wird dabei ein modulares technisches Gerüst, das nicht nur Batteriesysteme nach dem „Cell-to-Body“-Prinzip integriert, sondern auch neue Elektromotoren der nächsten Generation zum Einsatz bringt, die konzerneigen entwickelt wurden. Mit der geplanten Plattformkonsolidierung reduziert Polestar langfristig Entwicklungskosten, erhöht gleichzeitig die Effizienz und verkürzt die Time-to-Market neuer Modelle.

Trotz der technischen Nähe zu Volvo-Modellen soll der Polestar 7 eigenständig auftreten. Das betrifft sowohl das Design als auch das Fahrerlebnis. Laut Unternehmensstrategie soll das Fahrzeug sportlicher als ein vergleichbares Volvo-Pendant positioniert werden, um den Markenkern von Polestar als elektrifizierter Performance-Hersteller zu erhalten. Ob dieser Spagat zwischen Synergieeffizienz und eigenständiger Markenidentität gelingt, bleibt abzuwarten.

Markteinführung, Positionierung und Zielgruppe

Geplant ist die Markteinführung des Polestar 7 für das Jahr 2027, die Serienfertigung soll ab 2028 in Košice erfolgen. Mit dem Fahrzeug betritt Polestar erstmals das Segment der kompakten Premium-SUVs. Dieses Marktsegment ist innerhalb Europas besonders wachstumsstark und gilt als eine der margenträchtigsten Fahrzeugklassen. Fahrzeuge wie der Tesla Model Y oder der künftige Porsche Macan Electric setzen hier Maßstäbe, sowohl bei der technischen Reichweite als auch bei der Kundenwahrnehmung.

Mit dem Polestar 7 will das Unternehmen ein breiteres Publikum ansprechen als mit den bisherigen Modellen. Während der Polestar 1 als exklusiver Plug-in-Hybrid positioniert war und der Polestar 2 als sportliche Limousine auftritt, markiert der Polestar 7 einen Paradigmenwechsel hin zum volumenstarken Kompakt-SUV. Diese Neupositionierung ist Teil einer überarbeiteten Gesamtstrategie, mit der Polestar ab 2025 in die Gewinnzone kommen möchte.

Ausstattung, Preis und Varianten – ein erster Ausblick

Konkrete Daten zur Preisgestaltung des Polestar 7 liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Preise unterhalb des Polestar 2 ansetzen werden, um im hart umkämpften Marktsegment der kompakten Elektro-SUVs konkurrenzfähig zu bleiben. Branchenintern wird mit einem Einstiegspreis zwischen 43.000 und 48.000 Euro gerechnet. Denkbar sind drei Modellvarianten: eine Basisversion mit Heckantrieb, eine Long-Range-Variante mit größerem Akku sowie eine Performance-Ausführung mit Allradantrieb und über 400 PS. Reichweiten von über 500 Kilometern gelten dabei als Zielmarke, um mit Wettbewerbern wie dem Tesla Model Y oder dem Mercedes EQA mithalten zu können.

Auch in puncto Konnektivität und Fahrerassistenz dürfte sich der Polestar 7 auf dem neuesten Stand der Technik präsentieren. Bereits der Polestar 2 nutzt ein Android-basiertes Infotainmentsystem mit direkter Google-Integration. Es ist zu erwarten, dass diese Softwareplattform weiterentwickelt und auf das neue Modell übertragen wird. Neue Funktionen für teilautonomes Fahren, OTA-Updates und eine engere Anbindung an das Polestar-Ökosystem sind wahrscheinlich.

Standort Košice: Vorteile und Herausforderungen

Die Wahl von Košice als europäischer Produktionsstandort ergibt sich nicht nur aus geostrategischen Überlegungen. Der Standort bietet konkrete Vorteile: Er liegt im Herzen Europas, verfügt über ein gut ausgebautes Verkehrsnetz und erlaubt eine Versorgung mit qualifizierten Fachkräften. Zudem befinden sich zahlreiche Zulieferbetriebe in der Region, was die Fertigungskosten senken und Just-in-Time-Prozesse erleichtern kann.

Allerdings ist der Standort auch mit Herausforderungen verbunden. Der Bau des neuen Werks ist noch im Gange und mit erheblichen Investitionen verbunden. Volvo plant eine jährliche Produktionskapazität von bis zu 250.000 Fahrzeugen. Damit sich diese Ausgaben rechnen, muss das Werk schnell hochgefahren und dauerhaft ausgelastet werden. Hier kommt dem Polestar 7 eine entscheidende Rolle zu. Sollte das Modell hinter den Erwartungen zurückbleiben, könnte dies die Wirtschaftlichkeit des Standorts belasten.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor bleibt die allgemeine Entwicklung des Marktes für Elektrofahrzeuge in Europa. Subventionsprogramme laufen zunehmend aus, Strompreise sind volatil und die Infrastruktur für schnelles Laden ist in vielen Ländern noch unzureichend. All dies könnte sich auf die Nachfrage nach neuen Modellen wie dem Polestar 7 auswirken.

Symbolischer und strategischer Meilenstein

Mit der Ankündigung, den Polestar 7 in Europa zu produzieren, stellt Polestar entscheidende Weichen für seine Zukunft. Die Verlagerung nach Košice steht exemplarisch für einen Strukturwandel in der globalen Automobilindustrie, der von politischer Vorsicht, regionaler Rückverlagerung und technischer Standardisierung geprägt ist. Gleichzeitig bringt der Schritt viele Chancen: kürzere Lieferketten, bessere Margen, mehr Marktnähe.

Doch so überzeugend die Strategie auf dem Papier wirkt, bleibt ihre Umsetzung an klare Bedingungen geknüpft. Der Polestar 7 muss sowohl marktfähig als auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Nur dann kann der neue Standort seine Potenziale voll entfalten – und Polestar endgültig von einem technologisch interessanten Herausforderer zu einem profitablen Hersteller im Premiumsegment aufsteigen.