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IAA 2018: Renault Studie Ez-Pro – vollautonom für die „letzte Meile“

Weltpremiere auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 in Hannover: Die Renault Studie Ez-Pro als vollautonomes Logistikkonzept für die „letzte Meile” – Bildnachweis: Renault

Zwei Fahrzeutypen auf einer Plattform

Mit der Studie Ez-Pro präsentiert Renault auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 in Hannover seine Vision eines vernetzten, voll automatisierten und batterieelektrischen Transportsystems für den städtischen Lieferverkehr auf der sogenannten „letzten Meile”. Ez-Pro besteht aus zwei „Pod” genannten Fahrzeugtypen, die auf der gleichen modularen Plattform basieren: dem autonom fahrenden, aber bemannten Leader Pod, mit dem ein Mitarbeiter Pakete und Waren persönlich abliefert, und den komplett fahrerlosen Follower Pods, die dem Leader Pod wie die Waggons eines Eisenbahnzugs im Konvoi folgen und auf der Schlussstrecke eigenständig zum Zielort fahren.

 

Der komplett fahrerlosen Follower Pods folgen dem Leader Pod wie die Waggons eines Eisenbahnzugs im Konvoi und fahren auf der Schlussstrecke eigenständig zum Zielort – Bildnachweis: Renault

 

 Integraler Bestandteil des Smart-City-Konzepts

Mit dem Ez-Pro trägt Renault der globalen Tendenz zur Ubanisierung Rechnung. Die voll automatisierten und rein batterieelektrischen Robo Pods repräsentieren ein umfassendes Logistikkonzept und sind integraler Bestandteil des Smart-City-Konzepts, das in den kommenden Jahren von Regierungen, Stadtverwaltungen und Privatunternehmen gefördert und entwickelt wird. Gleichzeitig sind sie ein Beispiel für die Shared-Mobility-Strategie im Transportbereich: Ein Ez-Pro Konvoi kann in jedem Follower Pod verschiedene Güter für unterschiedliche Auftraggeber, Endkunden und Lieferorte mit sich führen. Soll besonders wertvolle und empfindliche Ware zum Kunden gebracht werden, oder müssen vor Ort spezielle Transportformalitäten erledigt werden, tritt der bemannte, mit einem Pod Operator besetzte Leader Pot in Aktion.

Effizient, flexibel, umweltfreundlich

Abhängig von aktuellem Verkehrsaufkommen, Ampelschaltungen und Haltemöglichkeiten vor Ort plant das System seine Routen selbst. Dies steigert zusätzlich die Effizienz und senkt die Kosten. Hintergrund: Die „letzte Meile” zum Endkunden macht heute 35 bis 50 Prozent der kompletten Transportkosten für eine Lieferung aus. Durch konsequenten Einsatz der Robo Pods können Logistikunternehmen, Online-Händler und andere Betreiber deshalb ihre Wettbewerbsfähigkeit entscheidend erhöhen.

Weiteres Beispiel für die Flexibilität des Ez-Pro Systems: Bei Bedarf kann sich ein Konvoi aufspalten. Die Transportmodule fahren dann komplett autonom und ohne Pod Operator zum gewünschten Zielort. Auch die Städte profitieren vom Ez-Pro: Die Pods sind geräuscharm und lokal emissionsfrei unterwegs, sorgen für einen besseren Verkehrsfluss und verringern den Bedarf an Parkflächen.

 

Bereits der Zustieg signalisiert das neu geordnete Aufgabenfeld des Operators. Statt durch eine seitlich angeschlagene Fahrzeugtür gelangt der Ez-Pro Manager über ein elektrisch betriebenes, weit aufschwingendes Portal zu seinem Büroplatz – Bildnachweis: Renault

 

Formensprache betont innovativen Charakter

Das Design der Ez-Pro Module betont den zukunftsgewandten Charakter der Studie. Die Formgebung ist an das Erscheinungsbild der Robo-Taxi-Studie Ez-Go angelehnt, die Renault auf dem Genfer Auto-Salon 2018 präsentierte. Mit dieser teilen sich Leader und Follower Pods auch die technische Basis. Kennzeichen sind der Aufbau aus gebürstetem Aluminium und die komplett von der Karosserie umschlossenen, weit in die Fahrzeugecken gerückten Räder. Dies dient nicht allein der Optik, sondern schützt auch Räder und Aufhängung vor Stößen und Bordsteinkanten, wodurch sich der Aufwand für Wartung und Reinigung verringert. Die dunkelgrau gefärbte Basis lässt – ebenso wie die abgeschrägten Kanten – die Pods weniger massiv und kantig wirken.

 

Von dem ergonomisch gestalteten Sitz aus kann der Operator zwei Positionen wählen. In frontaler Position kann er die Situation überwachen oder per Joystick die Steuerung manuell übernehmen, wenn dies die Verkehrslage oder besondere Gegebenheiten erfordern – Bildnachweis: Renault

 

 

Strom per Induktion und Sonnenenergie

Sämtliche für das automatisierte Fahren erforderlichen Kameras, Radar-, Lidar- und Ultraschallsensoren sind ebenfalls in den Radverkleidungen untergebracht. Die flache Batterie der Ez-Pro Pods ist platzsparend unter dem Fußboden eingebaut. Das Aufladen des Stromspeichers erfolgt kabellos per Induktion. Zusätzlich verfügen die Pods auf dem Dach über Solarmodule, um elektrische Verbraucher mit Energie zu versorgen. Weiteres Merkmal ist das Fahrwerk mit mitlenkenden Hinterrädern. Dies ermöglicht maximale Agilität im Innenstadtverkehr. Damit die Robo Pods in der City problemlos Hindernisse wie Schwellen zur Geschwindigkeitsbegrenzung überqueren können, verfügen sie über eine aktive Aufhängung. Diese hebt den Aufbau um mehrere Zentimeter an, sobald sich die Ez-Pro Module in Bewegung setzen.

 

Arbeitsplatz in der Renault Studie Ez-Pro – Bildnachweis: Renault

 

Mobile Leitstelle: Operator statt Chauffeur

Der Ez-Pro verändert grundlegend das Berufsbild des klassischen Kurierfahrers und Paketzustellers. Im Leader Pod verfügt der Operator über einen hochkomfortablen und ergonomischen Arbeitsplatz, der eher an ein lichtdurchflutetes Büro als an eine Fahrerkabine erinnert. Da er weitestgehend von den Fahraufgaben befreit ist, kann er sich zum Beispiel den Warenempfängern widmen und sie punktgenau über das Eintreffen ihrer Lieferung informieren sowie den reibungslosen Lieferloop der autonomen Follower Pods seines Zuges überwachen.

Statt durch eine seitlich angeschlagene Fahrzeugtür gelangt der Ez-Pro Manager über ein elektrisch betriebenes, weit aufschwingendes Portal zu seinem Büroplatz. Von dem ergonomisch gestalteten Sitz aus kann der Operator zwei Positionen wählen. In frontaler Position kann er die Situation überwachen oder per Joystick die Steuerung manuell übernehmen, wenn dies die Verkehrslage oder besondere Gegebenheiten erfordern. Bewegt sich der Ez-Pro autonom, lässt sich der Sitz zur Seite drehen. An einer großzügig bemessenen, fest installierten Arbeitsfläche kann der Operator organisatorische Aufgaben mit Blick durch das Seitenfenster vornehmen, ohne durch das Verkehrsgeschehen abgelenkt zu werden.

Innenraum mit maximalem Komfort

Ausstattung und Bedienelemente sind auf höchstmöglichen Komfort hin ausgelegt. Das kontraststarke Display bietet eine präzise Übersicht zur Verkehrslage und zum Zeitpunkt der Ankunft an den vorab programmierten Zielen. Da die Studie modernste V2X-Technologie nutzt, ist der Elektrolieferwagen mit der Infrastruktur voll vernetzt. Alle Informationen zu Verkehrsgeschehen, Ampelschaltungen oder Parkmöglichkeiten werden in Echtzeit auf dem Kontrollpanel angezeigt, so dass jederzeit ein sicherer und effizienter Fahrtablauf erfolgt.

Vorbild Möbeldesign

Die Renault-Ingenieure haben im Interieur überwiegend Materialien verwendet, die üblicherweise in Wohnräumen eine behagliche Atmosphäre schaffen. Wollfilz in Kombination mit schwarzem Kork und Leder sorgt für ein unverwechselbares Innenraumambiente. Sobald der Operator das angesteuerte Zwischenziel erreicht hat, kann er alle Informationen zu Ladung und Empfänger per iPad auch außerhalb des Fahrzeugs abrufen, überprüfen und gegebenenfalls aktualisieren, während er die Waren aus dem Transportabteil nimmt.

Flexible Container für jede Transportaufgabe

Die Follower Pods nutzen die gleiche Plattform wie die Leader Pods. Sie sind modular konzipiert und bestehen aus dem Unterbau mit Batterie, Fahrwerk und Elektromotor, auf den sich austauschbare Container montieren lassen. Die grün gefärbten Verbindungselemente sind ein charakteristisches Element des Ez-Pro Designs. Das modulare System erlaubt es, Container in Logistikzentren am Stadtrand vom Lkw auf die Plattformen umzuladen. Die kompletten Robo Pods lassen sich dann in Konvois in die Citys integrieren.

Ein Aussendesign, unterschiedliche Laderaumgestaltung

Die Container verfügen äußerlich durchweg über das gleiche Design, unterscheiden sich aber in der Laderaumgestaltung je nach Transportaufgabe und Funktion erheblich. Für kleineres Transportgut und Pakete lässt sich beispielsweise eine Vielzahl von Schließfächern unterschiedlicher Größe integrieren. Renault hat diese Lösung zusammen mit dem Expressdienst DPDgroup entwickelt. Wenn ein derart ausgerüsteter Robo Pod mit Ware zum Kunden unterwegs ist, wird dieser rechtzeitig per Smartphone-App benachrichtigt und kann dann das Fach direkt an der Haus- oder Geschäftstür per Code öffnen. Der Pod fährt anschließend autonom zum nächsten Kunden weiter. Auch die individuelle Anlieferung von Lebensmitteln lässt sich auf diese Weise komfortabel und effizient organisieren.

Nicht nur für Lieferdienste attraktiv

Nicht nur Lieferdienste profitieren vom vielfältigen Einsatzspektrum des Ez-Pro. Ebenso können beispielsweise Reinigungen und Wäschereien Pods mieten und an viel frequentierten Orten abstellen, wie etwa in der Nachbarschaft eines Bahnhofs. Dort können die Kunden ihre Wäsche in die Schließfächer legen und wenig später wieder gereinigt und gebügelt abholen. Weiteres Beispiel für die Variabilität des Ez-Pro Konzepts: Für das Champagner-Haus Piper-Heidsieck hat Renault einen Container mit maßgeschneiderten Flaschenfächern ausgestattet. Ebenso lassen sich die Follower Pods als Food Trucks einrichten.

Der Zugang zu den Follower Pads erfolgt stets über seitliche, fast über die komplette Fahrzeuglänge reichende Türen, die nach oben aufschwenken. Weitere Besonderheit: In jedem Robo Pod befindet sich für Notfälle ein Defibrillator.