MOTORMOBILES

Das Automagazin im Internet

Investitions-Booster hakt: Warum E-Autoförderung private Kunden und Leasing außen vorlässt

Neuwagenkauf - Bildnachweis: ProMotor/Volz - KFZ-Gewerbe und ZDK

  

Investitions-Booster mit Systemfehler: Neue E-Auto-Förderung bleibt Stückwerk

Der Bundestag hat das sogenannte „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm“ verabschiedet – ein Maßnahmenpaket, das Investitionen ankurbeln und insbesondere dem stockenden Hochlauf der Elektromobilität neuen Schwung verleihen soll. Herzstück der Reform ist die Einführung einer degressiven Sonderabschreibung für batterieelektrische Fahrzeuge, die zwischen dem 30. Juni 2025 und dem 1. Januar 2028 angeschafft werden. Doch was auf den ersten Blick wie ein durchdachtes Konjunkturpaket erscheint, offenbart bei näherer Betrachtung erhebliche Schwächen – vor allem dort, wo es für den Markt am wichtigsten wäre: bei Leasingfahrzeugen und privaten Käufern.

Nur für Kauf – nicht fürs Leasing: Der entscheidende Konstruktionsfehler

Im Zentrum der Kritik steht die Tatsache, dass die degressive Abschreibung ausschließlich für gewerblich angeschaffte Elektrofahrzeuge gilt – und eben nicht für geleaste Fahrzeuge. Damit bleiben jene Marktteilnehmer unberücksichtigt, die den Löwenanteil der gewerblichen Neuzulassungen ausmachen. Der Leasinganteil bei Elektroautos im gewerblichen Bereich liegt seit Jahren deutlich über 60 Prozent. Dass gerade dieser Bereich vollständig außen vor bleibt, schwächt die gesamte Wirksamkeit des Programms erheblich. Der Gesetzgeber lässt eine der wichtigsten Realitäten des Marktes schlicht unberücksichtigt.

Auch private Käufer profitieren nicht von der Maßnahme. Zwar wurde der Bruttolistenpreis für die pauschale Dienstwagenbesteuerung auf 100.000 Euro angehoben – was im oberen Segment für zusätzliche Spielräume sorgen könnte. Doch davon haben Haushalte, die ein Elektroauto vollständig privat nutzen möchten, rein gar nichts. Der Gesetzgeber hat diesen Bereich bei der Förderung bewusst ausgespart und verzichtet damit auf dringend benötigte Impulse für den privaten Automarkt, der seit dem Wegfall des Umweltbonus Ende 2023 erheblich unter Druck steht.

Steuerpolitik mit temporärem Effekt – aber ohne nachhaltigen Hebel

Auch die finanzielle Wirkung der neuen Sonderabschreibung ist differenziert zu betrachten. Zwar ermöglicht die Regelung eine beschleunigte Abschreibung von bis zu 75 Prozent im ersten Jahr, was auf den ersten Blick wie ein signifikanter Anreiz aussieht. Doch handelt es sich hierbei nicht um eine direkte Kaufprämie, sondern um einen steuerlichen Vorteil, der lediglich zu einer Vorverlagerung der Abschreibung führt. Der Liquiditätseffekt ist temporär, der Nettovorteil auf lange Sicht begrenzt – zumal viele Unternehmen angesichts wirtschaftlicher Unsicherheit ohnehin zurückhaltend bei größeren Investitionen bleiben.

Bildnachweis: ZDK

Noch schwerer wiegt, dass die im Koalitionsvertrag zugesagte Absenkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestwert bislang ausbleibt. Die Betriebskosten von Elektrofahrzeugen bleiben dadurch unnötig hoch, was nicht nur die Attraktivität für private Käufer senkt, sondern auch die Wirtschaftlichkeit für gewerbliche Nutzer schmälert. Eine wirklich durchdachte Förderpolitik müsste an dieser Stelle ansetzen, um nicht nur den Kauf, sondern auch den Betrieb von E-Fahrzeugen langfristig attraktiver zu machen.

Der ZDK warnt: Ohne Nachbesserung droht ein Bumerangeffekt

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) zeigt sich entsprechend enttäuscht vom Umfang der nun beschlossenen Maßnahmen. Der Verband sieht in der Sonderabschreibung ein Instrument mit Potenzial, das allerdings durch seinen beschränkten Geltungsbereich viel Wirkung verschenkt. Leasingkunden und Privatpersonen sind zentrale Träger des Marktes – sie vollständig auszuschließen, könne sich als strategischer Fehler erweisen. Aus Sicht des Verbandes wäre eine Öffnung des Abschreibungsmodells für Leasinggesellschaften ebenso erforderlich wie die Einführung zusätzlicher Anreize für Privatkunden, etwa durch direkte Kaufzuschüsse, Steuerfreibeträge oder Pauschalabschreibungen auch für nicht-gewerbliche Anschaffungen.

Die Kritik geht jedoch noch weiter. Die angekündigte Unternehmenssteuerreform, die steuerliche Entlastungen ab dem Jahr 2028 verspricht, kommt nach Ansicht des ZDK zu spät. Bis dahin sei kaum mit einer nennenswerten Entlastung zu rechnen, was insbesondere kleinere und mittelständische Betriebe von größeren Investitionen abhalten dürfte. Hinzu kommt, dass die Strompreise für gewerbliche und private Nutzer weiterhin auf hohem Niveau stagnieren – auch weil politische Entscheidungen zur Senkung der Abgabenlast auf Strom bislang nicht umgesetzt wurden. Eine umfassende Strategie zur Förderung der Elektromobilität müsse jedoch sowohl Anschaffungskosten als auch Betriebskosten im Blick behalten.

Gefahr einer Zweiklassengesellschaft am Fahrzeugmarkt

Die aktuelle Förderstruktur riskiert nicht nur wirtschaftliche Ineffizienz, sondern auch soziale Schieflagen. Während Unternehmen – wenn auch nur beim Kauf – steuerlich entlastet werden, stehen Privatkunden völlig ohne Anreize da. Besonders für Menschen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen bleibt der Umstieg auf ein neues Elektrofahrzeug damit außer Reichweite. Gebrauchte Stromer sind mangels Marktbreite noch zu selten, Restwerte unsicher, Ladeinfrastruktur in vielen Regionen nach wie vor unzureichend. Ohne gezielte Förderung besteht die Gefahr, dass Elektromobilität langfristig zur Domäne von Dienstwagenfahrern und Unternehmen wird – und die breite Bevölkerung außen vor bleibt.

Ein Schritt in die richtige Richtung – aber noch kein Durchbruch

Mit dem neuen Gesetzespaket hat die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt zur Belebung des Marktes für Elektrofahrzeuge gemacht. Die Einführung einer degressiven Sonderabschreibung ist grundsätzlich sinnvoll und kann Investitionen beschleunigen. Doch ohne Einbeziehung von Leasingmodellen und privaten Käufern bleibt das Instrument unvollständig. Die strukturelle Wirkung wird durch das begrenzte Anwendungsfeld und das Fehlen weiterer flankierender Maßnahmen – etwa bei der Stromsteuer – deutlich geschmälert.

Ob das Investitionsprogramm tatsächlich zur Trendwende im Elektromobilitätsmarkt beitragen kann, wird daher maßgeblich davon abhängen, ob und wie rasch die Bundesregierung bereit ist nachzusteuern. Die kommenden Monate bieten die Chance zur Korrektur – und könnten aus einem ambitionierten, aber lückenhaften Gesetz doch noch einen echten Impulsgeber für nachhaltige Mobilität machen.