Mazda baut neues Forschungs- und Entwicklungszentrum in Tokio - Bildnachweis: Mazda
Es wirkt beinahe paradox
Während einige große Automobilhersteller ihre Schlagzeilen mit milliardenschweren Elektro-Offensiven dominieren, geht Mazda vergleichsweise leise vor – und präsentiert dennoch nun einen Fahrplan, der das Potenzial hat, die Branche ins Nachdenken zu bringen. Denn der japanische Autobauer hat seine Roadmap zur CO₂-Neutralität aktualisiert und dabei einen Zwischenschritt definiert, der das Unternehmen klarer im globalen Dekarbonisierungs-Rennen positioniert. Was dabei auffällt: Mazda setzt nicht nur auf schnelle Elektrifizierung, sondern auf eine deutlich breitere, energiepolitisch abgesicherte Strategie, die eng mit japanischen Zielen und lokalen Energieversorgern verwoben ist.

Neue Eckdaten bis 2030 und 2035
Das Unternehmen hat sich verpflichtet, bis 2030 in Japan rund 75 Prozent der firmeneigenen Emissionen einzusparen. Die Basis hierfür bildet das Jahr 2013, und die Zielmarke lautet mindestens minus 46 Prozent, was exakt dem nationalen Klimaziel Japans entspricht. Für das Jahr 2035 liegt das Ziel noch höher: Dann sollen alle Werke weltweit – von Hiroshima über Mexiko bis nach Europa – CO₂-neutral arbeiten. Damit zieht Mazda zwar nicht als Erster im Branchenvergleich nach vorne, positioniert sich aber als Hersteller, der pragmatische Zwischenziele definiert und die Schritte dahin sichtbar absichert.
Deshalb ist diese neue Roadmap in erster Linie kein Marketingversprechen, sondern eine eng mit Infrastrukturfragen gekoppelte Zielsetzung. Insbesondere in Hiroshima, dem traditionsreichen Stammsitz, arbeitet Mazda gemeinsam mit Partnern wie Kawasaki Heavy Industries, Hiroshima Gas und Chugoku Electric Power an einer Lösung, die eine mehrstufige Übergangsstrategie darstellt. Zunächst wird auf Erdgas gesetzt, doch der Umbau der Anlagen erlaubt perspektivisch die Einspeisung von Wasserstoff , sobald dieser in größerem Maßstab verfügbar ist.

Chance und Risiko: Wasserstoff als Joker
Aber die Strategie bleibt nicht ohne Fragezeichen. Denn Wasserstoff wird in der globalen Diskussion längst nicht von allen als Königsweg gesehen. Er ist teuer, sein Transport aufwendig und die Produktion aus erneuerbaren Quellen ist bislang limitiert. Mazda setzt dennoch auf die modulare Auslegung seiner Energieanlagen, um nicht ausschließlich auf Batteriestrom angewiesen zu sein und flexibel auf künftige Entwicklungen reagieren zu können. Dieser Ansatz mag die Versorgungssicherheit der Werke stabilisieren, gleichzeitig aber auch Investitionen in eine Technologie erforderlich machen, deren Durchbruch nicht garantiert ist.
Europa und Deutschland im Fokus
Für den deutschen Markt stellt sich die Frage, was diese Roadmap konkret bedeutet. Mazda verkauft hierzulande jedes Jahr rund 40.000 bis 50.000 Fahrzeuge. Die Flotte reicht vom kompakten Mazda 2 über die Limousine Mazda 6 bis zum beliebten CX-5. Seit 2021 hat der Hersteller mit dem MX-30 den ersten reinen Stromer im Programm, wobei die Reichweite von rund 200 Kilometern für viele Käufer ein Hindernis darstellte. Deshalb wurde das Modell 2023 in einer überarbeiteten Version mit Wankel-Range-Extender nachgeschärft. Preislich ist der MX-30 in Deutschland aktuell ab etwa 38.000 Euro gelistet, mit umfangreicher Serienausstattung, was ihn allerdings im Vergleich zu Wettbewerbern wie Hyundai Kona Electric oder VW ID.3 nicht unbedingt zum Preis-Leistungs-Sieger macht.
Auch beim Plug-in-Hybrid CX-60, der aktuell ab gut 49.000 Euro startet, spielt die Klimastrategie eine Rolle. Denn während andere Hersteller konsequent auf vollelektrische Modelle setzen, bleibt Mazda seinem Credo treu, unterschiedliche Antriebe parallel anzubieten. Kritiker sehen darin den Beweis, dass sich der japanische Hersteller nicht eindeutig zur Elektromobilität bekennt. Befürworter hingegen argumentieren, dass diese technologische Diversifizierung die nötige Flexibilität verschafft, um internationale Märkte mit unterschiedlichen Energie- und Ladeinfrastrukturen bedienen zu können.
Globale Lieferkette als Baustelle
Deshalb endet die Roadmap nicht beim Werkstor. Ab 2050 will Mazda auch die gesamte Lieferkette klimaneutral gestalten. Angesichts einer global verzweigten Struktur, von Stahllieferanten über Batteriesysteme bis zu seltenen Metallen, dürfte dieses Ziel allerdings noch schwieriger erreichen sein als die eigenen Fabriken CO₂-neutral zu betreiben. Gerade in Europa wird Mazda sich daran messen lassen müssen, ob Zulieferer nach denselben Standards arbeiten oder ob hier absehbar Zielkonflikte entstehen.
Zwischen Bodenhaftung und Mut
Mazdas neuer Klimaplan ist bemerkenswert, weil er weniger von Visionen lebt als von einem gewissen Pragmatismus, der zur Marken-DNA passt. Die Bereitschaft, bestehende Produktionsanlagen über den Zwischenschritt Erdgas auf Wasserstoff vorzubereiten, spiegelt einen Ansatz, der Risiken streut und Versorgungssicherheit priorisiert. Dennoch bleibt die Frage offen, ob Mazda nicht Gefahr läuft, den Anschluss im batterieelektrischen Segment zu verpassen – einer Technologie, die in Europa bereits regulatorisch festgeschrieben und politisch bevorzugt wird.
Es ist dieser Spagat zwischen japanischer Energielogik und europäischem Marktdruck, der den Fahrplan besonders interessant macht. Mazda bleibt damit ein Hersteller, den man auf dem Weg zur CO₂-Neutralität nicht unterschätzen sollte, auch wenn er leiser agiert als die großen Namen. Und vielleicht könnte es gerade diese Zurückhaltung sein, die sich am Ende in glaubwürdigen Zwischenschritten auszahlt.

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