MOTORMOBILES

Das Automagazin im Internet

Modellpflege: Polestar 3 des MJ 2026 mit 800 Volt-Architektur

Der Polestar 3 steht neu auf 800-Volt-Elektroarchitektur mit einer maximalen DC-Ladeleistung von bis zu 350 kW - Bildnachweis: Polestar


Der Sprung auf 800 Volt

Wer heute an eine Ladesäule fährt, kennt das Warten: fünf, zehn, manchmal zwanzig Minuten, bis das Auto genug Energie für die nächste Etappe gespeichert hat. Dass sich diese Zeit drastisch verkürzen könnte, zeigt Polestar mit dem überarbeiteten Polestar 3, der nun mit einer 800-Volt-Architektur ins Modelljahr 2026 startet und damit in eine Technik-Liga aufschließt, in der bislang nur wenige Premiumanbieter unterwegs sind.

Deshalb lohnt ein genauer Blick, was hinter diesem Update steckt – und ob die praktische Wirkung wirklich so groß ist, wie die versprochenen Zahlen suggerieren. Polestar setzt mit der Umstellung auf 800 Volt auf ein System, das Tesla bisher meidet und das vor allem Hersteller wie Porsche im Taycan oder Hyundai bei den Ioniq-Modellen etabliert haben. Der Vorteil ist technisch nachvollziehbar: höhere Spannung erlaubt bei gleicher Stromstärke mehr Ladeleistung. Polestar nennt bis zu 350 kW Gleichstrom.  Offiziell bedeutet das, daß die Batterie zwischen zehn und achtzig Prozent in rund 22 Minuten geladen werden kann. In der Praxis hängt dies jedoch stark von Thermomanagement, Ladesäule und Netz-Qualität ab. Wer auf langen Autobahnetappen unterwegs ist, dürfte dennoch spürbar profitieren, zumal sich Ladefenster bei 800 Volt stabiler halten lassen als bei klassischen 400-Volt-Systemen.

Trotzdem bleibt ein Restzweifel, ob man außerhalb ausgewählter Ladeparks im Alltag wirklich dauerhaft mit diesen Werten rechnen kann. In Deutschland sind aktuell noch längst nicht alle Schnellladepunkte für 800 Volt optimiert.

Neue Batterien und Reichweite

Die Modellstruktur wird klarer: eine Heckmotor-Variante startet mit einem 92-kWh-Akku, die Allrad-Versionen inklusive Performance-Modell erhalten ein Paket mit 106 kWh nutzbarer Kapazität. Damit bewegt sich der Polestar 3 im oberen Mittelfeld der Langstreckenelektro-SUV. Nach WLTP sollen die Versionen bis zu sechs Prozent effizienter arbeiten als bisher, was Reichweiten über 600Kilometer möglich macht. Wie sehr sich diese Zahlen im realen deutschen Autobahnverkehr mit Wintertemperaturen halten lassen, muss sich zeigen – Konkurrenten wie BMW iX oder Mercedes EQE SUV kämpfen hier ebenfalls mit Verbrauchswerten, die deutlich über Testangaben liegen.

Mehr Leistung für alle Varianten

Neben dem Stromsystem hat Polestar auch den Antrieb überarbeitet. Neu ist ein Inhouse entwickelter Synchronmotor für die Hinterachse, kombiniert mit einem asynchronen Motor vorn. In der Performance-Version steigt die maximale Gesamtleistung auf 500 kW, umgerechnet 680 PS. Das klingt nach viel, und tatsächlich liegt der Polestar damit auf einem Niveau mit Elektro-SUVs wie Audi SQ8 e-tron oder Tesla Model X in der stärkeren Ausführung. Gleichzeitig lässt sich der vordere Motor nun bei geringer Last abkoppeln, was im Alltagsbetrieb mehr Reichweite bringen soll – ein Feature, das andere Hersteller wie Hyundai bereits länger nutzen. Für den Fahrer soll sich das in einer hecklastigeren Charakteristik bemerkbar machen: direkter, sportlicher, aber sicher auch verbrauchsbewusst, wenn man nicht ständig voll beschleunigt.

Der Computer als Herzstück

Nicht minder interessant ist das, was unsichtbar bleibt. Polestar tauscht erstmals die zentrale Recheneinheit aus und setzt künftig auf Nvidia Orin, der bis zu 254 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde schafft statt bisher 30. Rechnet man das hoch, dürfte das Fahrzeug künftig komplexere Fahrerassistenz-Funktionen sowie eine verbesserte Auswertung der Sensorik erlauben. Doch wie groß der praktische Fortschritt sein wird, lässt sich schwer messen, solange die OTA-Pakete nicht verfügbar sind. Positiv ist, dass Polestar Bestandskunden ein kostenloses Hardware-Update über die Servicepartner verspricht – eine Seltenheit in der Branche, die allerdings logistische und terminliche Herausforderungen in sich birgt.

Ausstattung, Innenraum und Preise

Auch bei den Ausstattungslinien ordnet Polestar neu: „Rear Motor“, „Dual Motor“ und „Performance“ heißen die Varianten nun. Für Kunden in Deutschland wird spannend sein, welche Preisstufen sich daraus ergeben. Die bisherige Preisspanne beginnt bei rund 79.000 Euro und reicht bis über 96.000 Euro für ein voll ausgestattetes Performance-Modell. Mit der neuen Technik dürfte der Einstiegspreis leicht ansteigen, zumal die Batteriekosten hoch bleiben. Optional sind unter anderem ein Prime-Paket mit Klima- und Pilotassistenz oder ein Bowers-&-Wilkins-Soundsystem erhältlich, wie man es aus anderen Premiumfahrzeugen kennt. Neu ist die Außenfarbe „Storm“, innen setzt Polestar verstärkt auf recycelte Materialien. Damit bleibt das Auto im skandinavischen Designkonzept, ohne dass es sich allzu stark vom bisherigen Modell unterscheidet.

Deutsche Perspektive

Für deutsche Käufer ist die Frage entscheidend, ob die Polestar-Strategie mit der 800-Volt-Architektur langfristig zum Vorteil wird. Denn Porsche hat mit dem Taycan bereits gezeigt, wie trickreich das Ausnutzen der hohen Ladeleistungen sein kann. Hyundai wiederum bietet 800 Volt bereits in deutlich günstigeren Klassen. Deshalb stellt sich die Frage, ob Polestar mit seinem Premium-SUV genug Alleinstellungsmerkmale bieten kann, um Käufer in einem Marktsegment zu überzeugen, das in Deutschland von starker Konkurrenz dominiert wird – nicht zuletzt von BMW und Mercedes, die ebenfalls auf große elektrische SUV setzen.

Am Ende macht der Polestar 3 im Modelljahr 2026 vieles richtig. Aber ob der Sprung zur 800-Volt-Technologie im Alltag einen so großen Unterschied machen wird wie auf dem Papier, bleibt offen. Genau darin liegt jedoch auch das Potenzial: Wer sich für den Polestar entscheidet, bekommt nun ein Fahrzeug, das technisch nicht mehr hinter der Konkurrenz zurücksteht und in Teilbereichen sogar vorauseilt.