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Schluss mit Teilegutachten: Das steckt hinter der neuen KBA-Teiletypgenehmigung

Hauptgebäude Kraftfahrtbundesamt in Flensburg - Bildnachweis: KBA

 

Teile unter Kontrolle: KBA setzt neue Standards für Sicherheit und Qualität
 

Wer ein Auto liebt, der schraubt. Für viele ist der Umbau von Fahrwerk, Auspuff oder Karosserie mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung – es ist Leidenschaft. Doch ab dem 20. Juni 2025 gelten für Hersteller von Fahrzeugteilen neue Spielregeln, die nicht nur für die Tuning-Szene, sondern auch für Werkstätten und Autofahrer weitreichende Folgen haben dürften. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ersetzt die bisherigen Teilegutachten durch ein neues Verfahren: die nationale Teiletypgenehmigung. Ziel ist es die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Qualitätsstandards zu vereinheitlichen. Doch was bedeutet das konkret?

Strukturierte Kontrolle mit langen Schatten 

Die Umstellung auf die nationale Teiletypgenehmigung markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Zulassungspraxis von Fahrzeugteilen in Deutschland. Für Endkunden bleibt vieles beim Alten, doch hinter den Kulissen ändert sich der Prüfprozess grundlegend. Ob der erhöhte Aufwand letztlich zu mehr Sicherheit auf den Straßen führt oder vor allem kleine Anbieter unter Druck setzt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Ein radikaler Schnitt: Teilegutachten werden abgelöst 

Ab Sommer 2025 dürfen die sogenannten Teilegutachten, wie sie bislang durch Technische Dienste ausgestellt wurden, nicht mehr neu ausgestellt werden. Hersteller, die bislang auf dieser Basis ihre Teile in den Markt brachten, müssen nun auf ein anderes Verfahren umsteigen. Die Alternative heißt nationale Teiletypgenehmigung – ein vom KBA zentral durchgeführtes Zulassungsverfahren, das strengere Anforderungen stellt.

Wer bislang bereits über eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) verfügte – zu erkennen an der fünfstelligen KBA-Kennzeichnung – ist davon weniger betroffen: Diese Genehmigungen behalten ihre Gültigkeit und können fortgeführt werden. Anders sieht es bei neuen Produkten aus, die nach dem Stichtag auf den Markt kommen sollen: Hier ist eine sechsstellige Kennzeichnung vorgesehen, die eindeutig dokumentiert, dass es sich um eine nach neuem Verfahren genehmigte Komponente handelt.

Drei Jahre Schonfrist – dann ist Schluss mit dem alten System 

Die neue Regelung sieht eine Übergangsfrist vor, die bis zum 20. Juni 2028 läuft. In dieser Zeit dürfen vorhandene Teilegutachten noch genutzt werden – allerdings nur für Einzelabnahmen nach § 21 StVZO. Für Teile, die bereits vor dem Stichtag in Fahrzeuge eingebaut wurden, bleibt das bestehende Gutachten gültig. Es besteht also kein akuter Handlungsbedarf für Endkunden, deren Fahrzeuge bereits umgerüstet sind. Für Hersteller und Händler hingegen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

Warum das KBA eingreift: Qualitätsmängel bei Teilegutachten 

Hintergrund der Neuregelung ist eine wachsende Zahl fehlerhafter Teilegutachten, die im Rahmen der Marktüberwachung durch die Länder festgestellt wurden. In der Begründung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom Juni 2024 ist von „nicht tolerierbaren Abweichungen“ die Rede. Offenbar war die bisherige Praxis zu anfällig für Qualitätsschwankungen – ein Risiko, das im sicherheitsrelevanten Bereich wie Fahrzeugteilen schwerwiegende Folgen haben kann.

Mit der zentralisiertn Kontrolle durch das KBA soll nun sichergestellt werden, dass genehmigte Teile tatsächlich die geforderten technischen Standards erfüllen. Neu ist auch die Möglichkeit des Widerrufs: Das Kraftfahrt-Bundesamt kann künftig Genehmigungen entziehen, wenn sich herausstellt, dass ein Bauteil nicht den Vorgaben entspricht oder nachträglich Mängel auftreten.

Was die neue Regelung bedeutet – und wer betroffen ist 

Für Verbraucher ergibt sich vorerst keine direkte Pflicht zum Handeln, solange sie bereits eingebaute Teile mit gültigem Teilegutachten nutzen. Werkstätten und Tuner müssen jedoch künftig genauer hinsehen, welche Dokumentation einem Fahrzeugteil beiliegt. Auch Prüfer bei TÜV oder DEKRA werden künftig auf die sechstellige KBA-Nummer achten, um die Gültigkeit zu verifizieren.

Hersteller stehen vor der Herausforderung, ihre Dokumentation und Prüfnachweise an das neue Verfahren anzupassen. Da das KBA selbst für die Ausstellung zuständig ist, erhöht sich der bürokratische Aufwand deutlich. Gleichzeitig soll die neue Regelung aber auch für mehr Transparenz sorgen – und langfristig einen faireren Wettbewerb fördern, da weniger Raum für Schlupflöcher bleibt.

Und die Preise? Noch gibt es keine Entwarnung 

Zwar äußert sich das KBA in seiner Pressemitteilung nicht zu konkreten Kosten, doch Experten rechnen mit höheren Aufwänden für Teilehersteller. Der Zertifizierungsprozess durch das KBA dürfte umfangreicher und damit auch teurer sein als ein klassisches Teilegutachten über einen Technischen Dienst. Für kleinere Anbieter könnte dies zur Herausforderung werden – und sich am Ende auch im Preis für den Endkunden niederschlagen.

Einordnung: Sicherheit oder Bürokratie? 

Die Einführung der Teiletypgenehmigung ist ein klares Signal: Der Staat nimmt die Verkehrssicherheit ernst und reagiert auf Missstände im bestehenden Genehmigungssystem. Doch wie bei jeder Reform stellt sich die Frage nach der Balance. Zwischen notwendiger Kontrolle und praxisnaher Umsetzung wird es in den kommenden Jahren wohl noch viele Diskussionen geben. Entscheidend wird sein, wie schnell und zuverlässig das KBA die neuen Verfahren umsetzt – und wie sehr es gelingt, Industrie und Marktteilnehmer aktiv einzubinden.