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Schwacke: Der Automobilmarkt nach dem Dieselgipfel – Klarheit oder Turbulenz?

Erste Gipfel brachte keine Klarheit

Aktuell und wohl auch bis auf weiteres bleibt eines der beherrschenden Themen in der Branche die Zukunft dieselangetriebener Fahrzeuge. Was zunächst ein juristisches, dann ein mediales und sehr schnell auch ein politisches Thema wurde, sollte nun endlich im Rahmen eines Dieselgipfels Klärung erfahren.

Ergebnis des ersten nationalen und kommunalen Gipfels ist aber aktuell noch keine wirkliche Klarheit über z.B. Nachrüstung, Fahrverbote oder Änderungen in Besteuerung von Fahrzeugen oder Treibstoff. Dennoch einigte man sich zum einen auf Software-Updates von Euro5 und Euro6 Fahrzeugen sowie das bereits umgesetzte Versprechen einiger Hersteller gefolgt von Importeuren, hohe Wechselprämien für Besitzer älterer Dieselfahrzeuge (Euro4 und älter) anzubieten. Der kommunale Gipfel brachte eine Erhöhung des Investitionsvolumens in Maßnahmen zur Luftreinhaltung generell.

Was bedeutet dies für den Aspekt Restwert?

Zunächst hat sich gegenüber unserer bisherigen Beobachtung und Einschätzung keine grundsätzliche Veränderung ergeben. Immer noch verhalten sich Restwerte und damit in Relation stehende Standzeiten segment- und modellspezifisch höchst unterschiedlich.

Auch weiterhin kann man über alles gesehen einen deutlich positiven Trend zu Benzinern und eine sinkende Attraktivität in Stückzahlen und Wert von neuen und gebrauchten Dieseln erkennen. Gründe hierfür sind neben der aktuellen Skepsis von Kunden gegenüber Dieselfahrzeugen vor allem damit zusammenfallende Volumeneffekte aus dem in der Vergangenheit angewachsenen Flotten-, Vermiet- und Vorführwagenportfolio, die mehrheitlich dieselbetrieben als junge Gebrauchte in den Markt drängen. Die Kombination von wachsendem Angebot und sinkender Nachfrage belastet Preise und Standzeiten.

Ein Teil – wenn auch ein vermutlich geringer – des Risikos, das durch die Differenz zwischen einmal prognostiziertem Restwert und nun realisierbarem Verkaufspreis von Dieselrückläufern entstanden ist, kann womöglich im Portfoliomix durch die zahlenmäßig geringeren, aber nun über dem damaligen Prognosewert vermarktbaren Benzinern reduziert werden.

Neu ist zudem der Aspekt der Umweltprämien. Grundsätzlich zeigt die Erfahrung von Schwacke mit der damaligen Abwrackprämie, dass aufgrund der plötzlichen preislichen Attraktivität von Neuwagen für Kunden, die sonst junge Gebrauchtwagen kauften, deren Restwerte in der Folge wegen sinkender Nachfrage unter starken preislichen Druck gerieten und sich nur sehr langsam über Jahre davon erholten. Dies galt und gilt allerdings systembedingt für alle und nicht nur für Diesel.

Mit der Abwrackprämie wusste der damalige Kunde von vornherein wieviel er erwarten durfte, und dass er dies auf alle Neuwagen egal welcher Marke anwenden konnte, sofern er sein altes Fahrzeug – egal welchen Antriebs – verschrottete. Dies sorgte für einen starken Kaufanreiz vor allem bei Kleinwagen. Der verlorene Wert des verschrotteten „alten Schätzchens“ fiel dabei oft auch nicht so sehr ins Gewicht

Die aktuellen Umweltprämien weisen jedoch deutliche Unterschiede zur damaligen Abwrackprämie auf: Unterschiedliche Bezeichnungen, Summen, Bedingungen, je nach Hersteller, Modell und Kumulierbarkeit sorgen scheinbar momentan noch für ein gewisses Maß an Zurückhaltung wie der Handel berichtet. Man darf auch nicht vergessen, dass die betroffenen Altfahrzeuge für den Besitzer ja unter normalen Umständen noch mit einem ordentlichen Verkaufs- oder Inzahlungnahmewert in sein verfügbares Budget mit eingerechnet werden würde und jetzt fehlt.

Auch wenn also ein gestiegenes Interesse an Neuwagenkäufen noch nicht deutlich zu spüren ist, sind psychologische Effekte auf die Gebrauchtwagenpreise und faktische Auswirkungen durch Käuferabwanderungen zu erwarten. Abschätzbar sind sie allerdings noch nicht.

Da bei den Dieseln die beiden treibenden Effekte – sinkende Nachfrage und steigendes Angebot – sich weiter fortsetzen, gehen wir weiter von sinkenden relativen Restwerten aus, allerdings ist aktuell ein plötzlicher Wertverfall nicht zu erwarten. Die Benziner werden durch wachsende Nachfrage und nur langsamer wachsendes Angebot weiter im Wert steigen. Sie werden sich allerdings einer natürlichen Grenze nähern, die bestimmt ist durch das, was Kunden bereit und in der Lage sind, für einen Gebrauchten zu zahlen. Dabei ist immer die Relation zu einem derzeit recht günstigen Neuwagen zu beachten. Tiefgreifende staatliche Eingriffe (blaue Plakette, Besteuerung, Fahrverbote, etc.) können natürlich weiteren Einfluss nehmen, sind aber momentan durch fehlende Grundsatzentscheidungen nicht wirklich einzuschätzen.

Um die aktuelle Situation als Trend transparent zu machen, zeigt Schwacke mit monatlichen Updates die Entwicklung der relativen Restwerte des Gesamtmarktes exemplarisch von 3 Jahre alten Dieseln und Benzinern im Verhältnis zum Zeitpunkt „vor Dieselgate“ (=Index 100%). Dazu können die jeweiligen Segmente einzeln ausgewählt werden, was den jeweiligen Effekt näher beleuchtet.

Bildnachweis: Schwacke