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VDA befürchtet massive Kostensteigerung für Verbraucher: „Euro-7 ist in dieser Form nicht machbar“

Hildegard Müller Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie e.V.

 

Euro-7 insbesondere für schwere Nutzfahrzeuge kaum umzusetzen

Die heute verabschiedete Euro-7-Abgasnorm der EU-Kommission ist für Pkw bis Juli 2025 terminlich nicht umsetzbar und für schwere Nutzfahrzeuge bis Juli 2027 technologisch kaum realisierbar. Insbesondere bei schweren Nutzfahrzeugen setzt der Beschluss zudem unrealistische Ziele: Der Vorschlag sieht eine Absenkung der Grenzwerte teils um über Faktor 10 bei gleichzeitiger deutlicher Ausweitung der Testbedingungen, der Dauerhaltbarkeit sowie der Einführung neuer Begrenzungen für Lachgas, Ammoniak und Bremsstaub vor. Damit geht die Kommission deutlich über vergleichbare internationale Emissionsgesetzgebungen hinaus.

„Der heute veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission setzt nicht auf Ausgewogenheit und Machbarkeit, sondern auf unrealistische Extrem-Ziele. Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sind die Grenzwertsenkungen nominell zwar geringer, allerdings ist das Timing nicht darstellbar: Die Entwicklung und Genehmigung eines entsprechenden Antriebs bei einer Vorlaufzeit von nur einem Jahr nach erwartetem Abschluss der delegierten Rechtsakte ist schlichtweg nicht realisierbar. Der EU-Kommission sind diese Tatsachen bewusst, sie wurden aber offenbar bewusst ignoriert. Klar ist: Wir brauchen dringend Verbesserungen, damit der Beschluss für alle sinnvoll ist“, so Hildegard Müller, Präsidentin des VDA e.V.

Zudem enthält der Beschluss weiterhin keine Abgrenzung zu missbräuchlichen oder konstruiert mutwilligen Testfahrten. Für diese Testfahrten werden die Emissionen von Fahrzeugen in äußerst unrealistischen Szenarien bemessen. Ohne eine Abgrenzung zu künstlich provozierten „Worst-Case-Fahrten“ (biased driving) ist eine rechtssichere Freigabe von Euro-7 für leichte Fahrzeuge nicht möglich.

„Trotz unserer mit der Kommission geteilten Expertise ignoriert sie diesen entscheidenden Punkt offenbar ganz bewusst. Wir fordern daher erneut die Einführung von sinnvollen und realistischen Prüfbedingungen, die das Fahren in Europa in der Breite abdecken. Eine Gesetzgebung, die sich ausschließlich an konstruierten und nicht repräsentativen Extremsituationen orientiert, ist weder zielführend noch realitätsnah“, sagt Müller.

Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Angleichung der Gesetzgebung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vor. Damit sind leichte Nutzfahrzeuge doppelt von der Verschärfung der Gesetzgebung betroffen. Der vorgeschlagene N2O-Grenzwert (Lachgas) stellt für Transporter über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht eine besondere Herausforderung dar. „Das Versprechen der Kommission, dass Euro-7 kein faktisches Verbot des Verbrenners bedeutet, ist somit nicht eingehalten. Die angestrebten Grenzwerte liegen am äußersten Rand dessen, was technologisch machbar ist“, so Müller.

Mit Blick auf den aktuellen Vorschlag wäre zudem die Entwicklung von Euro-7 sehr kostenintensiv – mit dem Ergebnis, dass entsprechende signifikante Preiserhöhungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher zukommen. In Zeiten ohnehin ständig steigender Belastungen ist dies eine unzumutbare weitere Belastung. Die Vorgaben werden zudem dazu führen, dass eine Vielzahl von Produkt- und Antriebsvarianten generell auf den Prüfstand kommen, denn eine so herausfordernde Entwicklung wird nur angestoßen, wenn die gesetzliche Erfüllbarkeit und Marktfähigkeit absehbar ist. Aktuell ist dies vielfach nicht gegeben.

„Klar ist: Die Gesundheit der Menschen und die stetige Verbesserung der Luftqualitätswerte ist in unserem gemeinsamen Interesse. Die bisherigen Normen sind bereits ein wirksames Element zur Luftverbesserung in den Städten, in den vergangenen Jahren hat sich da bereits viel verbessert. Der richtige und auch von uns unterstützte Weg wäre also eine realistische und ausgewogene Weiterentwicklung –im Sinne von Verbrauchern, Klima und Industrie“, sagt Müller.