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VDA macht überhastete EU-Regulierung für Lieferengpässe verantwortlich

Bildnachweis: VDA

Verband der Automobilindustrie (VDA) – Bildnachweis: VDA

 

WLTP-Fristen greifen in laufende Produktzyklen ein und nehmen Automobilherstellern jegliche Planbarkeit

Die Folgen der überhasteten Regulierung aus Brüssel werden mehr und mehr deutlich. Bereits im Dezember 2016 hatte der VDA die damaligen Beschlüsse des Technical Committee on Motor Vehicles (TCMV) sehr kritisch bewertet: „Die vorgesehenen Fristen greifen in laufende Produktzyklen ein und nehmen den Automobilherstellern damit jegliche Planbarkeit. Hier fehlt der politische Wille, die Grenzen des Machbaren anzuerkennen. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass die EU-Kommission vor dem Hintergrund der Ereignisse im vergangenen Jahr Handlungsfähigkeit zeigen will und dabei das Augenmaß verloren hat. Sie geht damit an ihren eigenen Zielen von ‚besserer Rechtssetzung‘ und ‚mehr Wachstum und Beschäftigung‘ vorbei“, hieß es in der VDA-Pressemitteilung vom 20. Dezember 2016. Und: Die Folgen dieser Entscheidung des TCMV seien weitreichend, weil eine Umrüstung aller Modelle in der laufenden Produktion in der vorgegebenen Zeit nicht möglich sei.

Erst zum 27. Juli 2017 wurden die Ausführungsbestimmungen und, damit verbunden, die vorzeitige Einführung eines Partikelfilters bei direkt-einspritzenden Benzinern von der EU beschlossen. Dieser Einbau benötigt normalerweise einen Entwicklungs- und Produktionsvorlauf von drei Jahren. Denn er erfordert neben der Entwicklung den Bau neuer Werkzeuge, die Umrüstung in den Werken und Änderung der Produktplanung.

„Wenn die EU den WLTP-Einführungszeitpunkt für alle Neuzulassungen auf den 1. September 2019 gelegt hätte, also ein Jahr später, würde sich die Lage wesentlich entspannter darstellen. Es wäre nicht zu diesen Engpässen gekommen. Produktionsausfälle kann niemand wollen, sie schaden besonders dem Automobilstandort Deutschland“, betonte jetzt der VDA.

Die WLTP-Terminvorgabe der EU zum 1. September 2018 sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil bereits zum 1. September 2019 die RDE-Vorgaben (Real Driving Emissions)  für alle Neuzulassungen gelten. „Es wäre sinnvoller gewesen, wenn Brüssel diesen Stichtag auch für die WLTP-Vorgaben gewählt hätte, statt kurzatmig zu handeln und die Unternehmen damit in große Schwierigkeiten zu bringen. ‘Better Regulations‘ sieht anders aus“, sagte der VDA.

Die WLTP-Homologation ist nicht nur für die Unternehmen neu,  sondern auch für die technischen Dienste und die Typgenehmigungsbehörden. Zudem sind die Kapazitäten begrenzt – seien es Entwicklungskapazitäten der Hersteller, Prüfstandskapazitäten der technischen Dienste oder der Behörden.

Daher dauert das Typgenehmigungsverfahren derzeit viel länger als ursprünglich vorgesehen. Die Dokumentationsanforderungen haben sich massiv erhöht. Neben der hohen Komplexität der Anträge ist die kurze Vorlaufzeit der WLTP-Genehmigungen ein weiterer Grund für den Genehmigungsstau. Denn WLTP-Genehmigungen sind erst seit zehn Monaten möglich. Außerdem  erfordert die neue Prüfprozedur eine stärkere Segmentierung der Produktpalette in einzelne WLTP-Genehmigungen, so dass sich der Aufwand gegenüber dem bisherigen NEFZ vervielfacht.

Der VDA rechnet damit, dass für die deutschen Konzernmarken derzeit noch über 500  WLTP-Genehmigungen anstehen, die bis zum 1. September 2018 fällig wären.