MOTORMOBILES

Das Automagazin im Internet

Volkswagen setzt auf Eigenständigkeit: Neuer Amarok made in Südamerika

Volkswagen treibt Zukunftsplan mit neuem Pickup für Südamerika voran - Bildnachweis: Volkswagen

  

Unabhängigkeit von Ford-Technologie

Volkswagen setzt auf Eigenständigkeit und verstärkt seine Präsenz in Südamerika mit einem neuen Pickup, der speziell für die Bedürfnisse des regionalen Marktes entwickelt wird. Mit einer Investition von 580 Millionen US-Dollar (rund 535 Millionen Euro) in das argentinische Werk Pacheco verfolgt der Konzern eine klare Strategie: Die nächste Generation des Amarok soll ab 2027 vor Ort produziert werden und sich durch eigenständige Technik, Design und Innovation auszeichnen. Damit verabschiedet sich Volkswagen von der bisherigen Zusammenarbeit mit Ford, die den aktuellen Amarok II auf der Ranger-Plattform hervorbrachte, und schlägt einen neuen Weg ein. Dieser Schritt ist nicht nur ein technologischer Meilenstein, sondern auch ein strategischer Schachzug, um sich im hart umkämpften südamerikanischen Pickup-Markt besser zu positionieren.

Alexander Seitz, Christian Vollmer, Thomas Schäfer, Marcellus Puig und Guido Lombardi (Corporate Communications Argentina): Neuer Pickup für Südamerika – Bildnachweis: Volkswagen

Das Werk Pacheco bei Buenos Aires spielt dabei eine zentrale Rolle. Seit 2010 wurden hier über 770.000 Einheiten der ersten Amarok-Generation produziert, und nun soll die Fabrik durch umfassende Investitionen zum Innovationszentrum ausgebaut werden. Volkswagen plant, neue Produktionstechnologien einzuführen, die Fertigungslinien zu digitalisieren und die Energieeffizienz durch den Einsatz regenerativer Energien zu steigern. Zudem sollen rund 1.200 Mitarbeiter für zukünftige Technologien wie Elektromobilität qualifiziert werden. Ziel ist es, den Standort technisch und wirtschaftlich nachhaltig aufzustellen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Imagegewinn als „Lateinamerikas Automobilmarke“

Die technische Ausrichtung des neuen Amarok bleibt bisher unter Verschluss, doch Branchenexperten erwarten eine Kombination aus effizienten Dieselmotoren und möglicherweise E-Fuels-tauglichen Aggregaten. Auch eine Steigerung der Nutzlast sowie die Integration moderner Assistenzsysteme und Offroad-Technologien stehen im Raum. Preislich könnte das Einstiegsmodell bei etwa 35.000 US-Dollar liegen, was im Vergleich zu Wettbewerbern wie Toyota Hilux oder Ford Ranger durchaus attraktiv erscheint. Kunden in Südamerika dürften von kürzeren Lieferzeiten durch die lokale Produktion profitieren, während spezielle Anpassungen wie korrosionsresistente Lackierungen und verstärkte Kühlsysteme für das regionale Klima überzeugen könnten.

Volkswagen verfolgt mit diesem Projekt jedoch nicht nur wirtschaftliche Ziele, sondern nutzt auch politische Rahmenbedingungen geschickt aus. Durch die lokale Produktion entfallen beispielsweise hohe Importzölle wie die sogenannte Chicken Tax in den USA. Zudem ermöglicht das Mercosur-Abkommen einen zollfreien Zugang zu wichtigen Märkten wie Brasilien, Paraguay und Uruguay. Argentinien selbst fördert Automobilinvestitionen mit Steuererleichterungen, was den Standort Pacheco zusätzlich attraktiv macht.

Für europäische Kunden stellt sich die Frage, ob diese neue Amarok-Generation auch auf dem alten Kontinent verfügbar sein wird. Aktuell plant Volkswagen keine Übernahme des südamerikanischen Modells für Europa. Gründe dafür sind unter anderem die strengen Crash-Standards der EU sowie die ab 2025 geltende Euro-7-Norm, die Diesel-Motoren vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Zudem ist der Pickup-Markt in Europa vergleichsweise klein; hier dominieren SUVs das Straßenbild mit einem Marktanteil von 98 Prozent bei Volkswagen.

Die Entscheidung für einen eigenständigen Amarok in Südamerika birgt Chancen und Risiken zugleich. Einerseits stärkt Volkswagen seine Unabhängigkeit von Ford-Technologie und generiert höhere Margen durch lokale Wertschöpfung. Andererseits sind hohe Entwicklungskosten für einen Nischenmarkt sowie politische Instabilitäten in Argentinien potenzielle Stolpersteine. Hinzu kommt der wachsende Wettbewerb durch chinesische Hersteller wie JAC oder Foton, die ebenfalls auf den südamerikanischen Markt drängen.

Für Kunden in Südamerika bedeutet dieser Schritt vor allem eines: ein Fahrzeug, das perfekt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist – sei es durch technische Anpassungen an das Klima oder durch ein erweitertes Service-Netzwerk vor Ort. Mit diesem Projekt positioniert sich Volkswagen nicht nur als Global Player, sondern auch als regionaler Problemlöser und Innovationsführer in Lateinamerika. Ob dieser Plan aufgeht, wird sich spätestens 2027 zeigen, wenn das erste Serienmodell aus Pacheco vom Band rollt und seinen Weg zu den Kunden findet.