Das Landgericht Lüneburg hat mit Urteil vom 02.06.2016, 4 O 3/16 (nicht rechtskräftig) im VW Abgasskandal einen Händler dazu verurteilt, einen VW Passat gegen (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises zurück zu nehmen. Da das Fahrzeug teilweise über ein Darlehen finanziert wurde, hat das Gericht außerdem gegenüber der finanzierenden Bank festgestellt, dass der Bank aus dem Darlehensvertrag keine weiteren Zahlungsansprüche mehr zustehen.
Fall-Konstellation
Im Jahre 2013 kaufte der Kläger einen VW Passat Variant Comfortline BlueMotion Technologie 1,6 l TDI als Neuwagen bei einem Händler. Den Kaufpreis finanzierte er teilweise über ein Darlehen. Das Fahrzeug ist von dem VW-Skandal betroffen. Im November 2015 forderte der Kläger den Händler auf, bis Ende November das Fahrzeug nachzubessern. Nachdem diese Frist fruchtlos verstrichen war, erklärte der Kläger den Rücktritt. Der Händler wies diesen als unbegründet zurück. Der Kläger erhob daraufhin gegen das Autohaus Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und außerdem auf Feststellung gegen die finanzierende Bank, dass dieser keine Zahlungen mehr aus dem Darlehensvertrag zustehen.
Sachmangel liegt vor
Das Landgericht Lüneburg kommt zunächst zu dem Ergebnis, dass ein Sachmangel vorliege, da der tatsächliche Ausstoß von Stickoxiden von der vertraglichen Vereinbarung abweiche.
Keine längere Frist als 2 Monate für die Nachbesserung
Das Landgericht Lüneburg setzt sich anschließend mit der Angemessenheit einer Nachfristsetzung auseinander. Es teilt insbesondere mit, dass das Kaufrecht auf eine zeitnahe Regulierung von Gewährleistungsrechten ausgerichtet sei. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des VW Abgasskandals bedurfte es keiner längeren Nachbesserungsfrist als 2 Monate. Eine längere Frist sei nach Überzeugung des Landgerichts Lüneburg mit der gesetzgeberischen Grundentscheidung zur Kaufgewährleistung auch unter Berücksichtigung der vorliegenden besonderen Umstände nicht mehr vereinbar. Es könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass der Hersteller zunächst millionenfach eine manipulierte Software in seine Fahrzeuge einbaue und sich die Händler dann zum Nachteil der Käufer darauf zurückziehen, dass es Monate bzw. mehr als ein Jahr dauere, um diese Manipulation zu beheben.
Mangel ist erheblich
Das Landgericht Lüneburg setzt sich außerdem mit der Erheblichkeit der Pflichtverletzung auseinander. Selbst wenn das Softwareupdate und der Einbau eines Teiles max. 1 Stunde dauere und Kosten in Höhe von ca. 100 EUR verursache, spräche dies nicht gegen die Erheblichkeit der Pflichtverletzung. Insbesondere sind die Kosten für die Entwicklung des Softwareupdates bei der Frage der Erheblichkeit mit zu berücksichtigen. Der Aufwand für die eigentliche Durchführung könne nicht isoliert betrachtet werden. Für die technische Vorbereitung der beabsichtigten Mangelbeseitigung ist vorliegend nach dem Vortrag des VW-Händlers für das streitgegenständliche Fahrzeug ein Vorlauf von fast einem Jahr erforderlich. Es handele sich daher offensichtlich nicht um eine einfache technische technische Maßnahme, die kurzfristig und ohne weitere Vorbereitungen hätten vorgenommen werden können. Das Landgericht Lüneburg kommt zu dem Ergebnis, dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die der vorherigen behördlichen Prüfung und Genehmigung bedarf, nicht als unerheblich anzusehen ist.
Rückzahlung des Kaufpreises gegen Nutzungsentschädigung
Das Landgericht Lüneburg hat daraufin den Händler zur Zahlung verurteilt. Der Kläger muss sich eine Nutzungsentschädigung auf der Basis einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km anrechnen lassen.
Keine Zahlungen aus dem Darlehensvertrag an die finanzierende Bank mehr geschuldet
Da der Kläger das Fahrzeug außerdem teilweise über einen Darlehensvertrag finanziert hatte, stellte das Gericht fest, dass die finanzierende Bank daraus künftig keine Zahlungen mehr herleiten kann. Bei dem Kaufvertrag und dem Darlehensvertrag handele es sich um verbundene Verträge, so dass der Kläger dem Darlehensvertrag als Einwendung den Rücktritt entgegenhalten kann.
Rechtsanwalt Ralph Sauer teilt zu dem Urteil mit: „Das Landgericht Lüneburg hat ebenso wie das Landgericht München erkannt, dass es sich bei der Manipulation von VW nicht um eine Bagatelle handelt, bei dem die Verbraucher Monate oder gar noch länger auf eine angebliche Nachbesserung warten müssen. Wenn VW derartige Manipulationen vornimmt, muss der gesamte Verbund von VW und Händlern auch damit rechnen, dass sich Geschädigte dagegen wehren und Recht bekommen.“
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