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Wenn das Auto zur Spielkonsole wird: Wie VW Nutzfahrzeuge In-Car-Gaming neu denkt

Digitale Pause: Volkswagen bringt Pac-Man und Co. ins Cockpit - Bildnachweis: VWN

  

Spielen statt warten: AirConsole macht den ID. Buzz und Co. zur Gaming-Lounge

Die Ladepause ist meist nicht der spannendste Teil einer Autofahrt. Doch Volkswagen Nutzfahrzeuge will das ändern und verwandelt ausgewählte Modelle seiner Baureihen ID. Buzz, Multivan, Caddy, California und Crafter in rollende Spielkonsolen. Möglich macht das eine neue In-Car-App namens AirConsole, die ab sofort in vielen europäischen Ländern verfügbar ist – allerdings nicht ohne Einschränkungen.

Infotainment auf neuem Level

Digitale Services gewinnen im Auto zunehmend an Bedeutung. Was mit Navigationssystemen, Streaming-Apps und Sprachsteuerung begann, wird nun um eine weitere Facette erweitert: Gaming. Mit der Integration von AirConsole in das Infotainmentsystem der genannten VWN-Modelle zielt der Hersteller auf ein Feld, das bisher vor allem von Smartphons und Heimkonsolen dominiert wurde.

Technisch funktioniert das Konzept unkompliziert: Über den In-Car Shop wird die App direkt auf das Fahrzeug-Infotainmentsystem geladen. Die Spieler nutzen ihre eigenen Smartphones als Controller, indem sie diese per QR-Code mit der App verbinden. Gespielt wird dann auf dem zentralen Bildschirm des Fahrzeugs – ein Feature, das ausschliesslich im Stand nutzbar ist. Laut Volkswagen richtet sich das Angebot gezielt an Situationen wie Ladepausen oder das Warten auf Mitreisende.

Spieleklassiker und Indie-Games

Zum Start sind 15 Titel verfügbar – darunter auch der ikonische Spieleklassiker „PAC-MAN Championship Edition“. Die Spiele selbst stammen von der Schweizer N-Dream AG, die auch für die bekannte AirConsole-Plattform auf Smart-TVs verantwortlich ist. Der Clou: Die Titel sind bewusst einfach gehalten, schnell erlernbar und zielen auf Unterhaltung für mehrere Mitspieler ab. Je nach Spiel und Platzangebot können bis zu acht Personen gleichzeitig mitmachen – was vor allem in einem Van wie dem ID. Buzz oder dem Multivan sinnvoll ist.

Die Spieleauswahl umfasst Party- und Geschicklichkeitsspiele, Quiz-Formate und Arcade-Klassiker. Hochkomplexe 3D-Titel oder grafikintensive Spiele sucht man dagegen vergebens. Das System setzt auf schnelle Interaktion, einfache Steuerung und eine geringe Einstiegshürde – auch für Gelegenheitsnutzer.

Verfügbarkeit und Voraussetzungen

Nicht jedes Modell der genannten Baureihen ist automatisch mit AirConsole ausgestattet. Voraussetzung ist beim ID. Buzz beispielsweise mindestens die Softwareversion 4.0. Beim Multivan, Caddy, California und Crafter muss das Modelljahr 2025 oder später vorliegen. Außerdem ist eine aktive Internetverbindung nötig – entweder über eine eigene Datenverbindung des Fahrzeugs oder via Hotspot. Die Nutzung der Spiele ist im Rahmen eines VW Connect Plus Vertrags kostenlos möglich, was in der Praxis bedeutet: Ohne aktives und kostenpflichtiges Abonnement ist auch das Spielen nicht uneingeschränkt möglich.

Die technische Integration wirkt durchdacht, allerdings sind einige Fragen offen. Beispielsweise stellt sich die Frage, wie stabil die Verbindung zwischen Smartphone und Infotainment bei mehreren gleichzeitigen Nutzern ist. Auch der Energieverbrauch während längerer Spielphasen dürfte für einige Kunden eine Rolle spielen – gerade bei längeren Ladepausen mit eingeschaltetem Display und aktiver Internetverbindung.

Sicherheit, Datenschutz und Verantwortung

Ein wichtiger Punkt: Volkswagen stellt mit dem System lediglich die technische Plattform zur Verfügung. Für die Inhalte und deren datenschutzkonforme Umsetzung ist ausschließlich die N-Dream AG verantwortlich. Nutzer müssen sich auf deren Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärungen einlassen. VW verweist in seiner eigenen Datenschutzerklärung auf die Weitergabe bestimmter Daten im Rahmen der App-Nutzung. Eine explizite Zustimmung durch den Kunden ist daher erforderlich.

Die Spiele funktionieren ausschließlich im geparkten Zustand – eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme, um Ablenkung während der Fahrt auszuschließen. Dennoch bleibt ein Restrisiko: Kinder könnten beispielsweise auf die Idee kommen, das System durchgängig eingeschaltet zu lassen, auch wenn der Fahrer losfährt. Ob es in der Praxis zu Missbrauch kommt, wird sich zeigen müssen.

AirConsole als Teil eines größeren Trends

Die Integration von Gaming in Fahrzeuge ist kein gänzlich neues Thema. Hersteller wie BMW, Tesla oder Mercedes-Benz experimentieren seit Jahren mit Minigames, Streaming-Funktionen und kabellosen Controllern. Der Unterschied: Volkswagen setzt nicht auf exklusive Eigenentwicklungen, sondern auf eine bestehende Plattform mit erprobtem Ökosystem. AirConsole ist seit Jahren auf Smart-TVs etabliert und bringt entsprechend Erfahrung im Bereich Multiplayer-Casual-Gaming mit.

Was bei der Konkurrenz teilweise auf spezielle Hardware angewiesen ist, funktioniert hier rein softwarebasiert – eine Lösung, die kosteneffizient ist und sich leicht per Update in bestehende Fahrzeuge integrieren lässt. Auch das spricht für das System, zumindest aus Herstellersicht.

Zwischen Spielerei und echtem Mehrwert

Ob AirConsole den Alltag im Fahrzeug tatsächlich bereichert oder lediglich eine Spielerei bleibt, hängt stark vom Nutzungsverhalten ab. Familien mit Kindern, die unterwegs häufiger Ladepausen einlegen, könnten das Angebot als sinnvolle Unterhaltung empfinden. Auch im Camper oder beim Warten auf einen Termin kann das System für kurzweilige Abwechslung sorgen.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie oft das Feature tatsächlich genutzt wird. Die technischen Voraussetzungen – vom Modelljahr über die Softwareversion bis hin zum aktiven VW Connect Plus Vertrag – dürften den Nutzerkreis spürbar einschränken. Wer keinen Vertrag abschließt oder auf ältere Software setzt, bleibt außen vor. Volkswagen Nutzfahrzeuge geht mit der AirConsole einen spannenden Schritt in Richtung digitaler Unterhaltung. Die Idee, das Fahrzeug zur mobilen Spielkonsole zu machen, ist gut durchdacht und technisch solide umgesetzt. Die Wahl einer externen, etablierten Plattform wie AirConsole sorgt für eine breite Spielebasis und reduziert Entwicklungsaufwand auf Herstellerseite. Gleichzeitig bleiben einige kritische Punkte bestehen: die Abhängigkeit von einem aktiven Vertrag, die Notwendigkeit aktueller Softwareversionen und die unklare Relevanz im Alltag der Nutzer. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Feature dauerhaft durchsetzen kann – oder ob es sich letztlich um ein kurzweiliges Gadget für eine überschaubare Zielgruppe handelt.