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Zukunft des Lenkens: Münchner Forscher entwickeln fortschrittliches Steer-by-Wire-System

Das neuartige Steer-by-Wire-System mit magnetorheologischen (MR) Feedback-Aktuatoren soll ein optimales Lenkgefühl gewährleisten - Bildnachweis: Alexander Ratzing

  

Magnetische Kräfte für ein besseres Lenkgefühl

An der Hochschule München (HM) arbeitet ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Dr. Peter Pfeffer an einer zukunftsweisenden Lenktechnologie, die das Fahrerlebnis in autonomen Fahrzeugen grundlegend verändern könnte. Das innovative Steer-by-Wire-System (SbW) mit magnetorheologischen (MR) Feedback-Aktuatoren verspricht, die Lücke zwischen fortschrittlicher Technologie und natürlichem Lenkgefühl zu schließen.

Die Technologie hinter Steer-by-Wire

Steer-by-Wire ist eine Lenktechnologie, bei der die mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern durch eine elektronische Signalübertragung ersetzt wird. Diese Technologie bietet mehrere Vorteile:

  • Flexiblere Fahrzeugarchitektur

  • Präzisere Steuerung

  • Einfachere Integration fortschrittlicher Assistenzsysteme

Ein wesentlicher Nachteil bisheriger SbW-Systeme war jedoch der Verlust des natürlichen Lenkgefühls. Hier setzt die Forschung der Hochschule München an.

Magnetorheologische Aktuatoren: Das Herzstück der Innovation

Das Forschungsteam kombiniert die Stärken eines Elektromotors mit einem kraftvollen, parallel geschalteten MR-Aktuator. Diese Kombination soll eine kosteneffiziente, flexible und energiesparende Alternative zu herkömmlichen Lenksystemen bieten.

Magnetorheologische Flüssigkeiten (MRF) sind Suspensionen aus einer Trägerflüssigkeit und magnetisierbaren Eisen-Partikeln. Unter Einfluss eines Magnetfeldes bilden sich Festkörperbrücken, die zu einer Erhöhung der übertragbaren Schubspannung führen. Dieser Effekt wird genutzt, um die Dämpferhärte anzupassen: Je stärker das Magnetfeld, desto höher die Dämpfungskraft.

Vorteile des neuen Systems

  1. Exakte Lenkungsrückmeldung für den Fahrer

  2. Kleinerer und energieeffizienterer Elektromotor

  3. Hohe Momente (über 25 Nm) bei geringem Energieverbrauch (weniger als 100 Watt)

  4. Vermeidung typischer Nachteile klassischer Lenksysteme wie Spiel, Reibung oder Überhitzung

  5. Minimaler Materialeinsatz und geringer Energieverbrauch

  6. Schnelle Bereitstellung hoher Kräfte bei sehr niedriger Grundreibung

Bedeutung für autonome Fahrzeuge und neue Mobilitätskonzepte

Die Technologie ist besonders relevant für autonome Fahrzeuge, da sie ein vertrautes und sicheres Fahrerlebnis schafft. Das nahezu „klassisch-mechanische“ Lenkgefühl soll das Vertrauen der Nutzer in das System stärken.

Aktueller Stand und Ausblick

Erste Tests bestätigen bereits eine besonders harmonische Regelung des Systems. Die Forscher streben eine haptische Qualität an, die mit der von direktangetriebenen Force-Feedback-Motoren vergleichbar ist – jedoch unter deutlich besseren Bedingungen hinsichtlich Effizienz und Nachhaltigkeit.

Die nächsten Schritte umfassen u.a. weitere Optimierungsmaßnahmen, die Entwicklung zur Serienreife und Erschließung neuer Anwendungsfelder.

Zusätzlich wird der Einsatz des MR-Aktuators als mechatronisches Element in weiteren Fahrwerkskomponenten untersucht, beispielsweise in semi-aktiven Wankstabilisatoren.

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Hochschule München, dem HM-An-Institut MdynamiX sowie den Partnern Inventus Development und STIWA Advanced Products und unterstreicht die führende Position der HM im Bereich Lenksysteme. Die Technologie hat das Potenzial einen bedeutenden Beitrag zur Zukunft der Automobilindustrie zu leisten.