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Zwischen T1 und ID. Buzz: Bulli-Fans feiern ihre Legende in Hannover-Stöcken

Zurück ins Werk: Mehr als 100 Bullis führen zum Abschluss des "Bulli & Coffee" auf dem VWN Werksgelände um die Produktionshallen - Bildnachweis: VWN / Volkswagen

   

Bulli-Konvoi durch Hannover-Stöcken: Wenn Geschichte durch Werkstore rollt

Am ersten Juni-Wochenende 2025 war Hannover-Stöcken nicht nur Produktionsstandort von Volkswagen Nutzfahrzeuge, sondern für einen Nachmittag auch Bühne für eine bewegende Hommage an eine Ikone der Automobilgeschichte. Über 100 VW Bullis aller Generationen reihten sich am Kundencenter von VWN auf – der Auftakt zum dritten Internationalen VW Bus Tag war ein Fest für Enthusiasten und Zeitzeugen, für Schrauber, Sammler und Familien gleichermaßen.

Kaffee, Kult und Konvoi: Bulli-Parade am VW-Stammsitz begeistert Fans und Mitarbeiter

Die Veranstaltung mit dem Titel „Bulli & Coffee“ bot ein vielfältiges Programm, das vor allem von der Leidenschaft der Besitzer getragen wurde. Viele der ausgestellten Fahrzeuge waren liebevoll restauriert, manche alltagserprobt, andere beinahe museal erhalten. Der Blick auf die historische Spannweite reichte vom T1 Samba bis zum vollelektrischen ID. Buzz, ergänzt um Varianten wie den aktuellen California oder den Transporter in sechster Generation.

Das eigentliche Highlight des Tages aber begann, als der Konvoi sich in Bewegung setzte. Angeführt von einem restaurierten Jubiläums-T1 Samba und einem gelb-schwarz folierten T4 im „Follow-Me“-Look, wie er sonst auf Flughafenvorfeldern im Einsatz ist, bewegten sich über 100 Fahrzeuge durch das weitläufige Werksgelände. Mehr als einen Kilometer lang zog sich der Tross durch die Produktionsstraßen – für viele Beteiligte ein symbolischer Akt: Der Bulli rollt zurück an seinen Ursprung.

Zwischen Erinnerung und elektrischer Zukunft

Das Werk Hannover ist seit Jahrzehnten Herzstück der Bulli-Fertigung. Während in den frühen Jahren noch luftgekühlte Boxermotoren durch die Hallen liefen, entstehen heute dort auch Teile des ID.Buzz – jenes Modells, das die elektrische Zukunft des VW Bus einläuten soll. Die Veranstaltung zeigte damit eindrucksvoll den Übergang von Vergangenheit in die Gegenwart, ohne nostalgisch zu verklären. So standen T2 Westfalia Camper mit ausgeblichenen Aufklebern neben modernen Allradvarianten mit Solarpanel-Dach.

Die ausgestellten Fahrzeuge verdeutlichten, wie facettenreich das Thema Bulli ist: ob Reisemobil, Handwerkerfahrzeug, Polizei- oder Feuerwehrwagen. Neben serienmäßigen Transportern zeigten sich auch Umbauten, etwa mit Hochdach, Einzelradaufhängung oder alternativen Innenraumkonzepten – Zeugnisse individueller Nutzung und technischer Kreativität.

Preise, Varianten und historische Entwicklungen im Überblick

Derzeit bietet Volkswagen Nutzfahrzeuge ein breites Portfolio an Bulli-Modellen. Der ID. Buzz beginnt preislich bei rund 59.000 Euro (Pro, 150 kW, 77-kWh-Akku), während die Langversion ID. Buzz LWB mit grösserer Batterie (86 kWh netto) und Allradantrieb in der Max-Ausstattung über 72.000 Euro kosten kann. Der klassische Transporter 6.1 ist weiterhin verfügbar und startet bei rund 45.000 Euro (Kastenwagen, 81 kW TDI), während die California-Reisemobile, abhängig von Ausstattung und Motorkonfiguration, zwischen 65.000 und über 80.000 Euro kosten können.

Zum Vergleich: Ein originaler T1 Samba aus den frühen 1960er Jahren wird heute auf dem Oldtimermarkt – je nach Zustand – zwischen 50.000 und über 150.000 Euro gehandelt. Restaurierungen können bei schlechter Substanz schnell fünfstellige Beträge verschlingen. Dennoch zeigen viele Besitzer ihre Fahrzeuge mit Stolz und dokumentieren damit die tiefe emotionale Bindung an ihre rollenden Begleiter.

Der T2, der heute von vielen als „Magic Bus“ bezeichnet wird, erlangte Berühmtheit, als ein AP-Foto und ein anschließender Nachrichtenartikel ihn scheinbar unversehrt in einem von einem Feuer verwüsteten Viertel in Malibu zeigten – Bildnachweis: VWN / Volkswagen

Internationale Note mit bewegender Geschichte

Auch jenseits des Werkszauns wurde der 3. Internationale VW Bus Tag gewürdigt. Besonders Aufmerksamkeit erhielt die Meldung aus den USA, wonach Volkswagen of America einen 1977er T2 restauriert, der die Buschfeuer im kalifornischen Pacific Palisades Anfang 2025 nahezu unbeschadet überstand. Die mediale Präsenz des „Magic Bus“ – wie ihn amerikanische Medien tauften – war nicht nur eine Erinnerung an die physische Robustheit des Fahrzeugs, sondern vor allem Ausdruck der ideellen Wertschätzung, die der VW Bus in vielen Teilen der Welt genießt.

Zwischen Kult und Kritik: Wie zukunftsfähig ist der Bulli noch?

Trotz der emotionalen Strahlkraft des Events bleibt die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Bulli-Konzepts nicht unbeantwortet. Die Elektrifizierung durch den ID.Buzz ist ein technologischer Schritt nach vorn, allerdings mit Einschränkungen bei Reichweite, Ladezeiten und Nutzlast – insbesondere für Gewerbetreibende. Auch der hohe Einstiegspreis bleibt ein Hemmnis für breite Marktsegmente. Vergleichbare E-Transporter wie der Ford E-Transit oder der Renault Trafic E-Tech bieten ähnliche Nutzwerte zu deutlich niedrigeren Preisen, allerdings mit weniger ikonischem Design.

Die Fangemeinde indes scheint unbeirrt. Für sie ist der Bulli mehr als Transportmittel: Er ist Symbol, Plattform und Heimat auf Rädern. Die Veranstaltung in Hannover-Stöcken war Ausdruck genau dieser Haltung – gleichzeitig aber auch eine kluge Masasnahme des Herstellers, Kundenbindung und Traditionspflege zu vereinen, ohne auf aufdringliche Inszenierung zu setzen.

Mehr als Nostalgie – der Bulli lebt

Die Bulli-Parade in Hannover-Stöcken war ein Fest der Begegnung, der Technikgeschichte und der Leidenschaft. Der Konvoi durch das Werk war nicht nur ein emotionaler Höhepunkt, sondern auch ein Statement: Der Bulli, ob als Benziner, Diesel oder E-Modell, bleibt ein Fahrzeug mit Seele – nicht perfekt, aber prägend. Das Event wirkte bodenständig, ehrlich und weitgehend frei von übertriebener Markeninszenierung. Es bleibt zu hoffen, dass Volkswagen diesen Kurs zwischen Historie und Innovation weitergeht. Die nächste Gelegenheit zum Mitfeiern kommt spätestens am 2. Juni 2026 – der dann vierte Internationale VW Bus Tag steht bereits im Kalender.