Der erste Renault auf der neuen Allianz-Plattform CMF-EV
Seit knapp anderthalb Jahren tritt der Renault Mégane E-Tech gegen Wettbewerber wie VW ID. 3, MG4 und Kia Niro an. Er ist mit zwei Batteriegrößen zu haben und kommt laut Hersteller je nach Version gem. WLTP bis zu 470 Kilometer weit.
Der fünftürige Crossover ist die rein elektrisch angetriebene Version des Mégane. Optisch präsentiert sich der Mégane als Schrägheckauto mit leichten Anleihen an ein Coupé. Dem Mégane E-Tech hat zudem eine wichtige Rolle in der „Renaulution“, welche die Marke zu ihrer eigenen Transformation Anfang 2021 ausgerufen hat.
Unter der Führung des Vorstandschefs Luca de Meo möchte sich Renault an die Spitze der E-Auto-Bewegung setzen und dafür in den nächsten Jahren mehr als ein halbes Dutzend neuer Akku-Autos an den Start bringen. eine große Rolle kommt dabei dem Renault Mégane E-Tech Electric zu, der gegen Wettbewerber wie den VW ID.3, den Skoda Enyaq und vor allem gegen Hyundai E-Kona und die Elektriker des Stellantis-Konzern antreten soll.
Wir haben den Wagen einem ausführlichen Fahrbericht unterzogen und überprüft wie gut die BEV-Eigenschaften des Mégane Electric sind. Als kleiner Spoiler vorweg. Der Renault ist verdammt gut. Neben einem niedrigen (Strom)Verbrauch punktet er mit einem modernen Infotainmentsystem auf Basis von Google Automotive.
Der neue Mégane E-Tech Electric ist das erste Modell von Renault, das auf der neuen CMF-EV-Plattform steht. Diese Plattform wird bereits beim Nissan Ariya verwendet und wurde von Renault, Nissan und Mitsubishi gemeinsam für zukünftige Elektrofahrzeuge entwickelt. Laut Renault profitieren die Kunden von dieser Plattform durch ein besseres Platzangebot im Innenraum.
Interieur
Die Franzosen haben beim Mégane alles nach vorne gepackt. Unter der Motorhaube findet sich die komplette Antriebstechnik samt Frontantrieb. Auf diese Weise spart sich Renault dicke Kabel zwischen E-Komponenten vorne und Antriebstechnik hinten. Auch Heizung, Kühlung und Lüftung werden von bespielt. Das spart Leitungen und das Fahrzeug ist komplett Mitteltunnel-frei und und profitiert im kompletten Innenraum von dem Gewinn an Luft und Raum. Einiges davon verspielt der Wagen wieder. Im Fond herrscht zwar nominell ein toller Kniewinkel, die Füße passen aber nicht unter den Vordersitz. Der Wegfall von Platz für Verbrennungsmotor-Komponenten kommt primär dem Innenraum zugute, der sich auf einem Radstand von knapp 2,70 Meter erstrecken kann. So sollen die Fondpassagiere bis zu 21 Millimeter mehr Kniefreiheit haben als im bisherigen Mégane mit Verbrennungsmotor. Mit einer Länge von 4,21 Metern, einer Breite von 1,78 Metern und einer Höhe von 1,50 Metern ist der Kompakte Stromer allerdings 15 Zentimeter kürzer als die Verbrenner-Variante. Auf der komfortablen Rücksitzbank sind die Platzverhältnisse zwar okay – aber wie bereits angedeutet nicht üppig. So sitzen große Mitfahrer im Fond des Renault Mégane E-Tech Electric (2022) stets mit angezogenen Beinen.
Dafür fasst der im Werk Douai gebaute Stromer mit einem Ladevolumen von 440-1.332 gut 40 Liter mehr als sein Vorgänger und darf außerdem bis zu 900 Kilo ziehen. Lobenswert sind zudem die Ablagestruktur. Über einen kleinen Frunk unter der Motorhaube verfügt der Megane nicht. Im Innenraum des Fahrzeugs kommen viele Recycling-Materialien zum Einsatz. Neben Stoffbezügen kann auch Kunstleder als Dekoration gewählt werden. Ganz neu ist außerdem ein Furnier mit dem Namen „Nuo“, das aus echtem Holz gewonnen wird. Alcantara wird von Renault ebenfalls verbaut, lediglich die Top-Ausstattungen erhalten Elemente aus Echtleder. Unser Testwagen präsentiert sich schwarz in schwarz mit dunklem Dachhimmel, dunklen Sitzbezügen und getönten Scheiben ohne Panoramadach. Ein Problem vieler moderner Fahrzeuge sind die kleinen Fenster.
Weitreichende Google-Integration
Funktional top ist die OS-Integration, auf Basis von Android-Auto, Das System nutzt verschiedene Google-Dienste. So gut war ein Renault schon lange nicht mehr zu bedienen – das läuft intuitiv und verständlich. Das System reagiert performant auf Eingabebefehle. Sprachbefehle werden über den Google Assistant entgegengenommen. Die Interpretation klappt gut und nutzt die Expertise von Google. Für das Navigationssystem wird naheliegenderweise ebenfalls Google Maps herangezogen. Die Routenführung ist BEV-spezifisch und berücksichtigt den Füllstand des Akkus und schlägt erforderliche Ladestopps vor. Die separate Bordcomputer-Anzeige im Tachodisplay ist so unkonventionell wie gewöhnungsbedürftig. Zwischen eigenen Apps, Fahrzeugeinstellungen oder Navi-Funktionen kann über direkte Touchflächen am oberen Bildschirmrand gewechselt werden. Die rudimentären Klima-Funktionen haben eine eigene Bedienleiste mit stylischen Kipptastern direkt unterhalb des großen Touchscreens.
Zwei USB-Typ-C-Ladeportschnitstellen befinden sind unter der Armlehne und zwei weitere im Fond hinten in der Mittelkonsole. Zudem verfügt unser Testwagen über eine gut platzierte Smartphone-Ablage mit induktiver Qi-Ladefunktion. Der Sound über die 8 Lautsprecher der Harman Kardon-Soundanlage „Premium“ (Aufpreis 1.100 Euro) ist gut, aber nicht überragend.
Sehr sparsamer Antrieb
Der Elektromotor wurde laut Renault komplett neu entwickelt und soll bei größerer Leistungsausbeute dennoch kompakter und leichter sein als der e-Motor im Renault Zoe. Verantwortlich dafür sind unter anderem eine Ölkühlung und ein effizienteres Thermomanagement. Der Mégane E-Tech Electric selbst bringt mindestens 1.7283 (bzw. 1.624 Kilogramm bei der 40 kWh-Batterie) auf die Waage.
Bei den Batterien haben Kunden die Wahl zwischen 40 und 60 kWh, die Reichweiten von bis zu 300 km respektive 470 km nach WLTP ermöglichen. Geladen werden kann mit maximal 130 kW, eine Schnellladesäule vorausgesetzt. Im besten Fall lässt sich dann in 30 Minuten Strom für bis zu 300 Kilometer Reichweite nachladen. An der Wallbox und öffentlichen AC-Ladestationen kann mit sieben, optional sogar mit 22 kW geladen werden.
Bei der DC-Ladung (Gleichstrom) sind es maximal 130 kW. Im Test schafften wir bei einem SoC von 25% immerhin auf Anhieb eine Ladeleistung von 120 kW. Das Thema Batterie und Sicherheit fand bei Renault ebenfalls Berücksichtigung. Die Franzosen haben die Batterieeinheit mit speziellen Zugängen für die Feuerwehr versehen. Eventuelle Batterie-Brände sollen so in wenigen Minuten effizient gelöscht werden können, ohne dass das Fahrzeug stundenlang in Spezial-Containern unter Wasser gehalten werden muss. Ebenfalls in die Kategorie Sicherheit gehören die maximal 26 Fahrassistenzsysteme, die der Mégane E mitbringt.
Damit die Batterie trotz durchschnittlichem Speicherkapazität von nur 60 kWh Energie für bis zu 450 Kilometer zu nutzen vermag, ergreift Renault diverse digitale Maßnahmen.
Beispielsweise berücksichtigt die native Navigation auch die Topografie und den Verkehrsfluss in ihre darauf optimierte Routen- und Ladeplanung mit ein. Auch wird die Batterie bei Nutzung der Ladeplanung über die Navigation entsprechend vorkonditioniert und zum Laden im Voraus auf die passende Wohlfühltemperatur gebracht. Das ausgeklügelte Energiemanagement für Akku-Kühlung und Innenraum-Klimatisierung erweist sich als extrem effizient. Der Stromer verfügt serienmäßig in allen Versionen über eine Wärmepumpe.
Bei der Motorisierung bewahrt Renault erst einmal Bodenhaftung und beschränkt sich auf eine E-Maschine, die ihre Kraft von 160 kW/218 PS (Basisversion 96 kW / 130 PS) ausschliesslich an die Vorderachse leitet. Eine Dual-Motorvariante mit mehr Systemleistung und AWD gibt die Plattform durchaus her und könnte noch als Alpine-Version nachgereicht werden. Bei 160 km/h wird der Mégane abgeregelt, aber den Null-Hundert-Paradesprint erledigt der 160-kW-Mégane im Sportmodus in respektablen 7,4 Sekunden.
Während unserer Testfahrten glänzte der Renault Mégane E-Tech mit einem kombinierten Verbrauch von 18,1 Kilowattstunden auf hundert Kilometer unter sommerlichen Bedingungen. Was jedoch die Reichweite angesichts der in der Batterie gespeicherten sechzig Kilowattstunden auf ca. 330 Kilometer beschränkt. Die 450 Kilometer (WLTP) der Werksangabe gem. WLTP scheinen optimistisch. Bei Autobahntempo liegen selten mehr als 300 Kilometer drin. Aber der Mégane ist schnellladefähig, bis 130 Kilowatt mit Gleichstrom (DC), und kann AC in unserer Ausstattungsversion Electric Techno EV60 auf ein dreiphasiges Bordladegerät mit 22 Kilowatt zählen.
Fahreigenschaften
Auf der Straße ist dem Renault Mégane Electric ein ausgewogenes Fahrverhalten zu eigen. Das Fahrwerkssetting ist den Franzosen ein enorm guter Kompromiss gelungen. Und auch wenn der Renault Mégane tendenziell im Zweifelfall eher auf Komfort getrimmt wurde, dass sich stes auf hohem Niveau bewegt, so beherrscht er auch die sportliche Gangart und kann bei Bedarf auch Dynamik an den Tag legen. Im Sport-Modus vermag der Mégane sogar bissig zu werden. Die Assistenzsysteme funktionieren gut und dank dem digitalen Rückspiegel ist die Sicht nach hinten trotz der nicht besonders großen Heckscheibe hervorragend.
Im Euro NCAP-Test erzielt der Renault Mégane E-Tech Electric fünf von fünf möglichen Sternen. Sowohl beim Erwachsenen-, als auch beim Kinder-Insassenschutz überzeugt der Franzose mit 85 respektive 88 Prozent der zu erreichenden Punkte. Während er bei den Assistenzsystemen einen gleichfalls überzeugenden Wert von 79 Prozent erreicht. Einzig in der Disziplin Fussgängerschutz gibt es mit 65% noch Verbesserungspotenzial.
Technische Daten Renault Megane E-Tech 160kW/218 PS - 60 kWh Batterie | |
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Hersteller: | Renault |
Karosserie: | Kompaktklasse 5-türig |
Motor: | Fremderregter Synchron-Elektromotor |
Getriebe | Automatisches Untersetzungsgetriebe |
Antrieb | Frontantrieb |
Leistung: | 160 kW / 218 PS |
Drehmoment: | 300 Nm |
Batterietyp: | Lithium-Ionen |
Anzahl der Zellen/Module: | 288/12 |
Gewicht der Batterie | 394 (± 5) kg |
Nennspannung AC/DC | 352 V |
AC-Standardladung | 20 kW |
Ladedauer Wallbox 11 kW (dreiphasig 16A– 400V) | 6 h 25 |
DC-Schnellladung | 130 kW |
Ladedauer DC-Schnellladung 0 % auf 100 % | 1 h 14 |
DC-Schnellladung 0 % auf 80 % | 0 h 42 |
Elektrische Reichweitenspanne (WLTP): | 450 km |
Von 0 auf 100: | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h (abgeregelt) |
Energieeffizienzklasse: | A+ |
Verbrauch (ECE): | 15,8 kWh/100 km |
CO2-Ausstoß: | 0 g/km |
Wendekreis: | 10,4 Meter |
Leergewicht: | 1.783 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht: | 2.158 kg |
Zulässige Anhängelast (kg) gebremst 12 % /ungebremst | 900 kg |
Zulässiges Gesamtzuggewicht | 3.058 kg |
Stützlast/Dachlast: | 80 kg |
Kofferraum: | 440-1.332 Liter |
Zuladung: | 375 kg |
Bodenfreiheit beladen/unbeladen: | 128 / 104 mm |
Länge/Breite/Höhe/Radstand: | 4.200/2.05/1.505/2.685 mm |
Wartungsintervalle: | 30.000 km/1 Jahr |
Grundpreis (Megane E-Tech Electric Techno EV60 - optimum charge) ab: | 42.000 Euro |
Testwagenpreis brutto inkl. Extras (vor Umweltbonus) | 50.100 Euro |
Preise und Extras
Unser Testwagen war gut ausgestattet. Als Renault Mégane E-Tech Electric Techno EV60 220 hp optimum charge beinhaltet die große Batterie (mit nutzbaren 60 kWh), den stärkere Antriebsversion mit 160 kW/218 PS starkem Frontantrieb. Zudem mit optimierten Ladeeigenschaften. Die Ausstattung „Techno“ beinhaltet u.a. 20-Zoll-Räder. In Deutschland startet diese Variante vor Förderung ab 50.100 Euro.
Fazit: Enorm sparsamer Franzose ohne gravierende Schwächen
Renault Ist hier ein großer Wurf gelungen. Der Renault Mégane E-Tech Electric punktet mit ausgewogenen Fahreigenschaften von Komfort bis sportlich, einem potenziell sehr sparsamen Antrieb, guten Ladeeigenschaften DC und vor allem auch AC und einer exzellenten Infotainment-Integration. Als Vertreter im Kompaktsegment bietet er zudem brauchbare Platzverhältnisse. Zudem ist der Franzose dem ID.3 bei Software (Android OS) und Materialqualität durchaus überlegen. Mit dem Facelift dürfte der ID.3 den Abstand zum Mégane reduzieren. Nachteil des Mégane ist die begrenzte Batteriekapazität von maximal nur 60 kWh.
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