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Auslaufen der e-Autoprämie sorgt für Welle der Empörung und massiven Vertrauensverlust

Umweltbonus endet mit Ablauf des 17. Dezember 2023 - Bildnachweis: MOTORMOBILES und BMWK

 

Willkommen in der Bananen-Republik: Abruptes Ende für E-Auto-Förderung schwer vermittelbar

Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgericht hat die Regierung die staatliche Förderung für den Kauf von rein elektrischen Fahrzeugen (BEVs) gestrichen. Bislang konnten Käufer von BEVs mit einer Subvention in Höhe von bis zu 4.500 Euro rechnen. Diese finanzielle Unterstützung wurde nun aber maximal kurzfristig zurückgenommen.

Privatkäufer, die sich ein Elektroauto mit Auslieferungszusage noch in diesem Jahr bestellt hatten, trifft diese Entscheidung besonders hart. Denn durch den Wegfall der staatlichen Fördermittel fehlen ihnen jetzt bis zu 4.500 Euro, die den Preis für ein E-Auto deutlich reduziert hätten. Ohne die Subvention ist der Kauf eines Stromers für viele nicht mehr so attraktiv oder erschwinglich wie bisher. Der BAFA-Zuschuss war für viele Käufer ein wesentliches Kaufkriterium und hat die Kaufentscheidung massiv beeinflusst.

Durch die Veröffentlichung der BAFA über eine Pressemitteilung zum Auslaufen des Umweltbonus an einem Samstag den 16. Dezember, hat das Bundeswirtschaftsministerium eine unglückliche Entscheidung getroffen. Da am Wochenende traditionell alle Zulassungsstellen geschlossen sind, bestand für niemanden mehr die realistische Möglichkeit, ein E-Auto noch rechtzeitig am 16. oder 17. Dezember zuzulassen und damit vom Umweltbonus zu profitieren. Besser wäre es gewesen, die Entscheidung früher zu kommunizieren, um Käufern und Zulassungsstellen einen angemessenen Vorlauf zu geben. So droht der Eindruck, dass der Zeitpunkt auch taktischen Erwägungen geschuldet war.


Fakten zur BAFA-Förderung

  • Die staatliche Förderung für E-Autos sollte ohnehin schrittweise bis Ende 2024 auslaufen.

  • Es gab bereits zu Jahresbeginn 2023 erste Kürzungen, z.B. Wegfall der Hybridfahrzeuge und Begrenzung auf Privatkäufer. Gewerbliche Käufer erhalten seit September 2023 keine BAFA-Förderung mehr.
  • Die Mindest-Haltedauer wurde bereits seit dem 01.01.2023 als Fördervoraussetzung  massiv erhöht.

  • Zum 1.1.2023 sank der Umweltbonus bei E-Autos bis 40.000 Euro Nettolistenpreis auf 4.500 Euro.

  • Für 2024 war eine weitere Reduzierung auf 3.500 Euro und eine Deckelung des geförderten Listenpreises bei 45.000 Euro geplant.

  • Die Frage war nicht ob, sondern wie der Auslauf der Förderung erfolgen sollte.

  • Der Antrag auf den Umweltbonus kann erst nach Zulassung des Fahrzeugs gestellt werden. Viele Käufer werden daher von der gestrichenen Förderung überrascht worden sein.

  • Die Lieferzeiten für E-Autos sind zwar kürzer geworden, aber dennoch gibt es eine Zeitspanne zwischen Kaufvertrag und Zulassung.

  • Sowohl Privatkäufer als auch Leasinggesellschaften und Hersteller haben mit der Förderung kalkuliert. Sie fühlen sich nun getäuscht.

  • 2022 gab es bereits einen Rückgang der E-Auto-Zulassungen. Durch das plötzliche Ende des Umweltbonus droht ein weiterer starker Einbruch.

  • Ziel der Förderung war der Anschub der E-Mobilität, nicht die Förderung elitärer Käufer.

 

Kommentar: Politik enttäuscht mit eratischen Entscheidungen


Vertrauen, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit sind ein wichtiges Gut. Natürlich hat Herr Lindner/Finanzminister (FDP) recht, dass die Förderung immer unter Vorbehalt gestellt war und jederzeit mit dem Ende der Mittel auslaufen könnte. Diese Sichtweise greift aber zu kurz und abstrahiert von wesentlichen Aspekten bei einer Investition und Kaufentscheidung eines E-Autos. Und natürlich sind Förderungen ein Markteingriff und sorgen für unerwünschte Marktverzerrungen. Diese sind (bzw. „waren“) in diesem Fall aber gerechtfertigt, um den Elektrohochlauf einer neuen, noch immer teuren Technologie bis zur Marktreife zu unterstützen. Die Förderung wird zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt eingestellt. Obwohl die Wartezeiten für die Auslieferung eines Elektroautos inzwischen kürzer geworden sind, gibt es nach wie vor einen gewissen zeitlichen Abstand zwischen Bestellung und tatsächlicher Zulassung des Fahrzeugs. Viele Käufer, die ihren E-Auto-Kauf unter der Annahme einer noch laufenden staatlichen Förderprämie getätigt haben, dürften nun bitter enttäuscht sein. Sie haben schließlich nachvollziehbar fest mit dem Umweltbonus kalkuliert und fühlen sich durch das plötzliche Auslaufen der Maßnahme zum Jahresende deutlich getäuscht.
 
Mit dem überraschenden und plötzlichen Ende des staatlichen Anteil des Umweltbonus zum Jahresende 2023 beerdigt die Ampelkoalition ihre ehrgeizigen Zielen für die Verbreitung von Elektrofahrzeugen in Deutschland. Nochmal zur Erinnerung: Bis 2030 sollten im Rahmen eines Elektro-Hochlaufs nach dem ursprünglichen Plan mindestens 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Durch die unerwartete Streichung der staatlichen Förderung wird dieses Ziel nun realistisch betrachtet mehr als unwahrscheinlich.
 

Der Umweltbonus war ein zentraler Hebel, um den Hochlauf der Elektromobilität voranzutreiben und die Anschaffung eines E-Autos für private Haushalte in der Attrraktivität deutliuch zu steigern. Es war eine Anschubfinanzierung zum Ausgleich des Kostennachteils ggü. Verbrenner-Fahrzeugen. Während Deutschland seinen Umweltbonus kurzfristig gestrichen hat, werden Stromer in Frankreich, China und den USA weiterhin im großen Stil gefördert.
 

Indem die Ampelkoalition diesen wichtigen Anschub nun so kurzfristig beendet, signalisiert sie, dass sie ihr eigenes Klimaschutzziel für den Straßenverkehr aus den Augen verloren hat. Damit hat sie die Glaubwürdigkeit ihrer Energie- und Verkehrswende massiv beschädigt. Die Kritik, sie habe keinen Plan für die Umsetzung ihrer selbstformulierten Ziele, ist daher berechtigt.
 

Die deutsche Autoindustrie dürfte unter diesem Dilemata leiden. Sie hat erhebliche Kostennachteile ggü. asiatischen Herstellern und der Heimatmarkt ist immer noch von besonderer Bedeutung. Auch wenn ausländische Hersteller von der Förderung ebenfalls profitieren, ist für die hiesigen Hersteller von erheblicher strategischer Bedeutung, dass sich BEVs auch auf dem Heimatmarkt über einen Zuspruch etablieren und die hiersigen Hersteller auch Marktführer bleiben. Dies gilt insbesondere für die nun anstehende Phase von vollelektrischen Klein- und Kleinstwagen.


Update: 18.12.2023: Langfristig nur eine Nachfragedelle!? Vermutlich ja…
 

Bei aller Empörung und Wut. Langfristig wird der Markt so zu unverzerrten und realistischen Preisen zurückkehren. Und dann auch echter unbeeinflusster Wettbewerb ermöglicht. Ob die deutsche Autoindustrie hier auf der Gewinnerseite stehen wird, wird sich dann zeigen müssen. Zweifel sind zwar angebracht und berechtigt. Das Elektroauto wird perspektivisch auch ohne Förderung wettbewerbsfähig und sich für den Kunden vorteilhaft darstellen. Die zu erwartenden Preisanstiege bei fossilen Kraftstoffen über die jährliche Anhebung der CO2-Abgaben (nächste Stufe ab dem 01.01.2024) dürften hier wie ein Verkaufsförderer von BEVs wirken. Zudem gibt es immer mehr Haushalte mit PV auf dem Dach, die über ein BEV den Eigenverbrauch steigern können und die Vorteile von Stromern nicht mehr missen möchten. Wir gehen davon aus, dass viele Hersteller nun in Vorlage gehen, und massiv an der Preisschraube drehen werden. Die Preisschlacht deutet sich ja bereits an. Wenn sie fair sind, werden sie auch die Kunden berücksichtigen, die nun überraschend keine Förderung mehr erhielten. Denn für die Hersteller dürfte Vertrauen allein aus kaufmännischen Erwägungen ein wichtigeres Gut sein, als für die Ampelkoalition.