Was hat es mit dem Betriebsstoff AdBlue auf sich?
Die weltweite Verschärfung der Abgasgrenzwerte für Personenkraftwagen und Nutzfahrzeuge mit Dieselmotoren erfordert neben der ständigen Verbesserung der innermotorischen Verbrennung auch immer leistungsfähigere Abgasnachbehandlungssysteme. In Europa ist es die Euro-6-Norm, die diesen Aufwand erforderlich macht. In den USA sind die Absgavorschriften noch deutlich strenger. Im Automobilbau wird die SCR-Technik bereits seit einiger Zeit bei Nutzfahrzeugen in Lastkraftwagen und Omnibussen eingesetzt. Durch den VW-Skandal ist nun das Abgasnachbehandlungssystem der sogennannten Selective Catalytic Reduction – kurz SCR – in den Fokus der Betrachtungen gerückt. Wie funktioniert diese Abgasnachbehandlung und was hat es mit dem Betriebsstoff AdBlue auf sich? Ein kleiner Diskurs.
Selective Catalytic Reduction
Die aktuell effektivste Abgasnachbehandlung ist die mittels einer Harnstofflösung. Viele autofahrer modernen Dieselantrieb kennen sie unter dem Markennamen AdBlue. AdBlue ist eine wässrige Harnstofflösung, bestehend aus 32,5 Prozent hochreinem Harnstoff und 67,5 Prozent demineralisiertem Wasser. Mit dieser Lösung läßt sich unter Optimalbedingungen der Ausstoß von Stickoxiden (NOx) bei Dieselmotoren um bis zu 90 Prozent reduzieren. Die Abgasreinigung der Selective Catalytic Reduction-Verfahren (SCR) nutzt dabei das Ammoniak, welches an Bord des Fahrzeugs aus dem Harnstoff gewonnen wird. Hierzu wird die wasserklare Harnstofflösung dosiert mit einem Systemdruck von 4,5 bis 8,5 bar in den Abgasstrang injiziert und führt zu der gewünschten selektiven katalytischen Reaktion (SCR). Selektiv da hier vornehmlich die schäflichen Stickoxide reduziert werden. Bei dieser Technik ist die chemische Reaktion der Reduktion selektiv. Das bedeutet, dass von den Abgasbestandteilen gezielt nur die Stickoxide reduziert werden. Ab einer Abgastemperatur von 170 Grad werden Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid in Stickstoff, Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid umgewandelt.
Stickoxide sind der Sammelbegriff für die chemischen Verbindungen aus Stickstoff und Sauerstoff (zum Beispiel NO, NO2 etc). Sie entstehen bei hohem Druck, hohen Temperaturen und einem Sauerstoffüberschuss während der Verbrennung im Motor.
Thermo- und Hydolyse
Bei der Thermolyse (chemische Reaktion) zersetzt sich das Reduktionsmittel AdBlue in Ammoniak und Isocyansäure zersetzt. Darauf folgt die Hydrolyse (Spaltung einer chemischen Verbindung durch die Reaktion mit Wasser), bei der die Isocyansäure mit dem im Abgas enthaltenen Wasser reagiert. Dabei entsteht ein weiteres Molekül Ammoniak und Kohlendioxid.
Das Einspritzventil für Reduktionsmittel wird vom Motorsteuergerät angesteuert und spritzt das Reduktionsmittel dosiert in den Abgasstrang. Das eingespritzte Reduktionsmittel wird vom Abgasstrom mitgeführt und gleichmäßig im Abgas verteilt. Auf der Wegstrecke zum Reduktionskatalysator, der sogenannten Hydrolyse-Strecke, zersetzt sich das Reduktionsmittel zu Ammoniak (NH3) und Kohlendioxid (CO2). In den Reduktionskatalysatoren reagiert das Ammoniak (NH3) mit den Stickoxiden (NOx) zu Stickstoff (N2) und Wasser (H2O). In den Reduktionskatalysatoren findet eine Reduktion der Stickoxide statt. Das heißt, bei dem Prozess der Reduktion geben die Stickoxide (NOx) ihre Sauerstoffmoleküle ab. Die Dosierung richtet sich nach dem Abgasmassenstrom; das Motormanagement in Verbindung mit einem NOx-Sensor hinter dem SCR-Kat sorgt für die exakte Dosierung. Der Wirkungsgrad des SCR-Systems wird durch den sogenannten NOx-Geber gemessen und für die Motorsteuerung zur Entscheidung weiterer Harnstoff-Injektionen ausgewertet.
In bestimmten Betriebspunkten des Motors, z. B. im Leerlauf oder bei geringen Abgastemperaturen, könne geringe Mengen des Ammoniak im Reduktionskatalysator gespeichert werden. Dieses gespeicherte Ammoniak wird dazu genutzt, bei betriebsgünstigen Bedingungen einen höheren Anteil der Stickoxide im Abgas zu reduzieren. Die gespeicherte Menge Ammoniak wird ebenfalls durch eine Modellrechnung im Motorsteuergerät ermittelt und als weitere Einflussgröße für die Berechnung der Einspritzmenge hinzugezogen.
Der Umgang mit der Reduktionslösung erfordert Sorgfalt
Das zur Reduktion der Stickoxide notwendige Ammoniak wird nicht in reiner Form mitgeführt, sondern in Form der besagten normierten 32,5 %igen Harnstoffwasserlösung. Als Reduktionsmittel für das SCR-System hat die Automobilindustrie das reduktionsmittel normiert und einheitlich mit dem Markennamen AdBlue bezeichnet. AdBlue ist eine hochreine, transparente 32,5 %ige Lösung von Harnstoff in Wasser. Sie wird synthetisch hergestellt. Ammoniak in reiner Form würde auf Haut und Schleimhäute reizend wirken und wäre außerdem extrem geruchsbelästigend.
Der AdBlue-Verbrauch und damit die maximal mögliche Reichweite der in einem Spezialtank mitgeführten AdBlue-Lösung – beim PKW ungefähr 10 bis 20 Liter – hängt entscheidend von der Fahrweise und von den Einsatzbedingungen ab.
AdBlue wird von vielen Tankstellen angeboten. Für LKWs primär an der Zapfsäule – für PKWs primär im Kanister angeboten. Die fächendeckenede Versorgung mit AdBlue durch Tankstellen und Händler ist flächendeckend gewährleiset. Über das Portal www.findadblue.com können Autofahrer europaweit über 11.000 Anbieter identifizieren. Geht modernen Dieselfahrzeugen das Betriebsmittel AdBlue zuneige, lassen sie sich nicht mehr starten. Rechtzeitig findet aber eine Warnung über den Bordcomputer statt, dass nur noch eine kleine Reserve für wenige tausend Kilometer vorhanden ist und erinner rechtzeitig an das Nachfüllen dieses Betriebssoffes.
Der Einfüllstutzen für den AdBlue-Tank befindet sich entweder direkt neben dem Einfüllstutzen des Kraftstofftanks hinter der Tankklappe, im Kofferraum, z.B. in der Ersatzradmulde, oder im Motorraum. Die Position des AdBlue-Tanks im Fahrzeug variiert je nach Hersteller und Modell. Die Hinweise der Bedienungsanleitung des Fahrzeugherstellers zur Verwendung des reduktiuonsmittels AdBlue sind unbedingt zu beachten.
Nachfüllgebinde verfügen meist über einen genormten Verschluss für das tropffreie Einfüllen in den Pkw-AdBlue-Tank und passen herstellerübergreifend. Beim Befüllen ist Sorgsamkeit geboten. Die Harnstoff-Flüssigkeiot verfügt über ein paar negative Eigenschaften wie ein sehr hohes Kriechvermögen. Elektrische Bauteile und Steckverbindungen sind vor dem Eindringen von AdBlue zu schützen da sie korridieren können. Spritzer auf der Kleidung können Flecken verursachen und sollten sofort mit viel Wasser ausgewaschen werden. Ferner sollte AdBlue vor starkem Frost geschützt werden. Bereits Temperaturen unterhalb minus 11,5 Grad Celsius läßt die Lösung kristallisieren. aus diesem Grund sind Tank und Zuleitungen in den Fahrzeugen beheizt. Das Reduktionsmittel kann Haut, Augen und Atmungsorgane reizen. Bei Hautkontakt mit dieser Flüssigkeit sollte diese sofort mit viel Wasser abgewaschen werden. Ggf ein Arzt aufgesucht werden.
Hinweise und Eigenschaften der Lösung AdBlue:
- Bei Temperaturen unter –11 °C gefriert AdBlue.
- Bei hohen Temperaturen (ca. 70 °C – 80 °C)
zersetzt sich AdBlue. Dies hat zur Folge, dass
Ammoniak gebildet wird und es dadurch zur
Geruchsbelästigung kommen kann.- Ausschließlich AdBlue nach der freigegebenen
Norm des Herstellers aus Originalgebinden verwenden.- Abgelassenes AdBlue darf nicht wieder verwendet
werden, um Verunreinigungen zu vermeiden.- Befüllung des Reduktionsmitteltanks nur mit den
vom Hersteller freigegebenen Behältern und
Adaptern.- Das Reduktionsmittel kann Haut, Augen und
Atmungsorgane reizen. Bei Hautkontakt mit dieser
Flüssigkeit sollte diese sofort mit viel Wasser
abgewaschen werden.
Suchen Sie gegebenenfalls einen Arzt auf.
Ein sehr informativer Artikel, den ich nur lese, weil mein Berlingo Euro6 Diesel 2017 nun innerhalb der ersten 14000 km zum dritten Mal auf Störung geht: „SCR Wirkungsgrad unter Minimum“ und die Vertragswerkstatt findet sonst keinen Fehler. – Ich vermute mal, dass der NOx Sensor und der NOx Geber verschiedene Sensoren sind, alle Software ist aktuell. Die Störung trat aber jedes mal nur bei spritsparendem Tempo bei Langstrecken-Fahrten von über einer Stunde auf, also ggf dann, wenn möglicherweise der im SCR Kat gespeicherte NH3 Vorrat verbraucht war. Alles natürlich Theorie von mir Halbwissendem, aber die Leute in der Werkstatt sind komplett ratlos, und ich befürchte auch überfordert. Harnstoff-Verbrauch so 8-10 L auf 10 000 km, eigentlich wenig, zu wenig?
LKWs verbrauchen bis zu 5% AdBlue, deiner verbraucht, laut Angaben 0,8-1%. Das ist zwar eine Schweinerei, aber von den Herstellern so gewollt, damit der Kunde nicht so häufig nachfüllen muss und denkt, sein Auto wäre halbwegs sauber. Frag mal deine Werkstatt, ob sie die Einspritzung erhöhen können, dann könnte die Meldung weggehen und dein Auto wird sauberer.
Huuuups, ich meinte 0,08-0,1 Prozent. Also der Ad-Blue Verbrauch laut deinen Angaben.
Die Luftbelastung durch die Verbrennung von Dieselkraftstoff und Emission von Stickoxiden ist enorm. AdBlue hat diesem sehr grossen Problem Abhilfe geschaffen und sich mittlerweile bei Strassenfahrzeugen durchgesetzt. Wird es künftig auch Ölheizungen mit AdBlue geben? Oder könnte man AdBlue für Schwerölantriebe weiterentwickeln und zum Beispiel bei Kreuzfahrtschiffen einsetzen? Eine Diesellokomotive oder ein Dieselkraftwerk mit AdBlue wäre auch keine schlechte Idee. Man sollte das Problem der Umweltbelastung vielleicht aus einer etwas grösseren Perspektive betrachten.
Wie hoch ist der Verbrauch von AdBlue bei einem Pkw mit c. 130 PS.
Warum muss man für einen Pkw dieses Mittel in Kunststoffbehältern kaufen? wo bleibt der Naturschutz ?