Kompakt-SUV geht in die Verlängerung
Der koreanische Autobauer SsangYong ist auf dem besten Wege seine Marken-Reputation wieder zu erlangen und vom Exoten-Status wegzukommen. Hier kommt den Südkoreanern ihre Expertise bei SUV-Fahrzeugen mit Allrad zu Gute. Der Tivioli im Segment der boomenden kompakten SUVs lancierte 2015 bereits direkt nach Markstart zum wichtigsten Modell der Marke.
Nun bieten die Koreaner vom erfolgreichen Tivoli auch eine Lang-Variante unter dem Namen XLV an. Das Kürzel steht für „eXciting smart Lifestyle Vehicle“. Für viele Kunden ist der Kofferraum des Tivoli mit 423 Litern nicht geräumig genug. Genau für dieses Kundensegment schieben die Koreaner nun die Langversion nach. Der große Bruder des SsangYong Tivoli bedient das wesentliche Motiv vieler Käufer für den gegenwärtig ungebrochen hohen Zuspruch von Kompakt-SUVs: Neben der hohen Sitzposition sind dies definitiv auch der luftige Innenraum mit viel Platz auf wenig Grundfläche. Dies spricht nicht ausschließlich urbane Freizeitsportler an. Seine Premiere erfuhr der Tivoli XLV im Frühjahr auf dem Autosalon in Genf. Nun rollt bereits die Langversion des Tivoli zu den Händlern. Wir hatten bereits Gelegenheit den zu Preisen ab 16.990 Euro erhältlichen SsangYong XLV im Umfeld von Köln und Umgebung zu fahren. Ein Kurztest.
Hecküberhang
Der für den deutschen Markt zuständige SsangYong-Importeuer aus Kerpen plant den jährlichen Absatz von SsangYong-Modellen auf 4.000 Fahrzeug-Einheiten steigern zu können. Gemeinsam mit einem Ausbau des zum Jahresende rund 211 Händler umfassenden deutschen Netzes auf 300 Standorte bis 2018 und dem damit einhergehenden größeren Absatzspotenzial soll die Verkäufe und Bekanntheitsgrad weiter steigen. Die Chancen dafür stehen nach der vollzogenen Markteinführung von Tivoli und XLV nicht schlecht. Das Design übernimmt der neue fünftürige XLV zwar größtenteils vom Tivoli. Dennoch wirkt sein Erscheinungsbild eigenständig. Das Design des XLV soll von der Kraft und der Dynamik der Natur inspiriert sein und greift hierzu die neue Design-Philosophie „Nature born – 3 Motion“ der Marke SsangYong auf. Der XLV präsentiert sich mit einer formal sehr gelungenen Frontpartie mit schmalem Kühlergrill, doppelten Lufteinlässen und freundlich dreinblickenden Scheinwerferaugen des LED-Tagfahrlicht. Die Gestaltung der Frontpartie folgt weitgehend dem des Plattformspenders Tivoli ist, aber nicht vollständig identisch. Die seitliche Fenstergrafik wird durch ein drittes Fenster zwischen hinterer Tür und C-Säule ergänzt. Entsprechend entfällt im Vergleich zum Tivoli der Aufwärtsschwung in der hinteren Tür. Geschmackssache sind die dicken Radhaus-Backen um die Hinterachse. Dennoch hinterläßt das sanft gen Heck abfallende Dach beim Betrachter einen eleganten Eindruck. Viele dürfte es sogar unwillkürlich ein wenig an den Range Rover Evoque erinnern.
Interieur mit viel Platz fürs Gepäck
Optisch überzeugend und je nach gewählter Ausstattung sogar wertig gibt sich die Gestaltung des Innenraums. Auch hier stand beim XLV der Tivoli Pate. Viele Klavierlack-Repliken helfen den in dieser Preisklasse häufig anzutreffende Hartplastik-Optik deutlich abzumildern. Gut gefallen zudem die klar gezeichneten Instrumente sowie recht sparsam verteilten und gut platzierten Schalter und Bedienelemente. Das Cockpit wirkt funktionell und ist gut strukturiert und anders als in früheren Ssangyong-Modellen lassen auch Bedienung und Ergonomie wenig Wünsche offen. Das Lenkrad wirkt – unten abgeflacht und mit Leder bezogen- angenehm sportlich. Gegen Aufpreis übernimmt ein zentral positioniertes 7-Zoll-Touchscreen die Bedienfunktion für das Audiosystem sowie gegen zusätzlichem Aufpreis das von Tom-Tom stammende Navigationssystem. Selbst großgewachsenen finden vorne eine gute und angenehme Sitzposition. Die Lenksäule ist zwar nicht in der Länge verstellbar dennoch läßt sich über den großen Stellbereich des Sitzes auch für großgewachsene Menschen eine ideale Sitzposition finden. Mit einem unveränderten Radstand von 2,60 Metern verlängert sich der neue XLV um satte 23,5 Zentimeter auf eine Gesamtfahrzeuglänge von 4,40 Metern. Der Längen Zuwachs kommt vollumfänglich dem Kofferraumvolumen zugute. 574 Liter sind es im Normalmodus. Über den absenkbaren Ladeboden läßt sich das Fassungsvermögen sogar auf stattliche 720 Liter vergrößern. Durch Umklappen der geteilten Rückbank bei Bedraf dann sogar auf 1.294 Liter steigern. Anders ausgedrückt: Der XLV bietet 70 Prozent mehr Laderaum als der Tivoli zu einem Aufpreis in Höhe von 1.800 Euro. Eine versenkbare dritte Sitzreihe befindet sich in der Entwicklung und wird voraussichtlich noch dieses Jahr als Option nachgereicht.
Die Langversion des Tivoli verfügt damit über den größten Kofferraum im Segment der Kompakt-SUVs unterhalb 4,40 Metern Fahrzeuglänge. Selbst Laderiesen im Segment der Kompakt-Kombis wie z.B. der Opel Astra Sports Tourer verweist der SsangYong damit auf die Plätze.
Antrieb
Für den Antrieb stehen zwei moderne Aggregate – beides 1,6-Liter-Direkteinspritzer – einmal als Benziner und einmal als Diesel, zur Wahl. Der e-XGi160 Benziner mobilisiert 128 PS. Für die Fraktion der Selbtszünder steht als e-XDi160 ein 115 PS starker Diesel zur Verfügung. Beide Triebwerke erfüllen die Euro-6-Norm und lassen sich je nach Wunsch und Anforderungsprofil sowohl mit Front-, als auch mit Allradantrieb konfigurieren. Die meisten SsangYong werden mit optionalem Allradantrieb geordert – beim XLV dürfte es nicht anders werden. Die Kraftverteilung des Allradantriebs erfolgt elektronisch und schwankt je nach Straßenzustand zwischen 100:0 (vorn:hinten) und 50:50 in der 4-WD-Lock-Stellung. Die zeitgemäße Technik sorgt dank intelligenter Elektronik vollautomatisch immer für die richtige Verteilung der Kraft auf die Achsen. Die Kraftübertragung übernimmt ein Sechs-Gang-Schaltgetriebe oder eine vom japanischen Zulieferer Aisin stammende 6-Stufen-Automatik. Wir fuhren beide Antriebe. Wer zum Selbstzünder mit Wandlerautomat greift, erhält einen komfortablen und souverän motorisierten Gleiter. In der Praxis, ob auf Landstraßen oder der Autobahn, erwies sich die Leistung des Selbstzünders dank 300 Newtonmeter Drehmoment in allen Lebenssituationen als ausreichend. Der Selbstzünder läuft für einen Diesel läuft äußerst kultiviert und zeichnet sich trotz nominell geringer Leistung durch Durchzugstärke aus. Im Stadtverkehr gab sich der Ssangyong keine Blöße. Bei Überholvorgängen musste Sechsgang-Automatik zwar zweilen zurückschalten, um den gut 1,5 Tonnen schweren XLV genügend zu beschleunigen. Der Hersteller gibt für den kombinierten Normverbrauch für den frontgetriebenen Diesel mit Handschalter einen Wert von 4,7 Liter (bzw. mit Start Stop sogar nur 4,5 Liter) je hundert gefahrene Kilomter an. Dies entspricht einer CO2-Emssion von 121 g bzw. mit Start Stop 117 g pro gefahrenem Kilometer.
Fahreigenschaften
Das Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorn und Torsionsachse scheint beim XLV besser abgestimmt zu sein als beim kleineren Tivoli. Die durch das schwerere Heck bessere Gewichtsverteilung lässt den XLV im direkten Vergleich zum Tivoli gefühlt ruhiger wirken. Das Fahrwerk ist dennoch wie beim Tivoli sportlich-straff ausgelegt. Der Komfort leidet mitunter darunter. Dem Handling und der Agilität kommt sie aber zugute. Die „Lock“-Taste sperrt nicht das Differenzial, sondern schaltet den ansonsten automatisch agierenden Allrad (4WD) auf dauerhaften Allradantrieb um. Das Allrad-System dient primär als wirkungsvolle Traktionshilfe auf befestigten Straßen und prädestinieren den XLV nicht zu einem Profi-Offroader mit ambitionierten Geländeeigenschaften. Dem stünde eine Bodenfreiheit von nur 167 mm und eines Böschungswinkels von 20 Grad vorne und 20,8 Grad hinten entgegen. Der Koreaner orientiert sich eher an Lifestyle und Boulevard. Der Allrad-antrieb bietet aber auch onroad gravierende Traktionsvorteile.
Technische Daten SsangYong XLV Sapphire 1.6XDi - 85 kW/ 115 PS | |
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Hersteller: | SsangYong |
Karosserie: | Kompakt SUV mit 5 Sitzplätzen |
Motor: | Turbodiesel-Direkteinspritzer |
Getriebe | 6-Gang Handschalter |
Antrieb | Allrad 4WD |
Hubraum: | 1.597 ccm |
Emissionsklasse | Euro 6 |
Leistung: | 85 kW / 115 PS bei 3.400 bis 4.000 U/Min |
Drehmoment: | 300 Nm von 1.500 bis 2.500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit: | 170 km/h |
Kombinierter Normverbrauch (ECE) | 4,9 Liter /100 km mit Start Stopp (ISG) |
Testverbrauch | 5,6 Liter / 100 km |
CO2-Ausstoß | 131 g/km |
Energieeffizienzklasse | A (mit ISG) |
Kraftstoff: | Diesel |
Tankinhalt | 47 Liter |
Leergewicht | 1.580 kg |
Kofferraum | 474- 1.294 Liter |
Zuladung | 480 kg |
Länge/Breite/Höhe/Radstand | 4.440 / 1.798 / 1.605 / 2.600 mm |
Zul. Anhängelast (gebr./ 12%) | 1.500 kg |
Testwagenpreis | 27.590 Euro |
Preise und Ausstattung über insgesamt sechs Ausstattungslinien
Der neue SsangYong ist bereits ab Basis reichhaltig ausgestattet. Unter anderem serienmäßig sind ESP und Überschlagschutz ARP, Projektionsscheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht, Berganfahrassistent, Notbrems-warnblinkautomatik, Geschwindigkeitsregelanlage und eine manuelle Zwei-Zonen-Klimaanlage mit an Bord. Die Basis markiert der XLV mit Benzinmotor, Frontantrieb und 6-Gang-Handschaltung (Crystal) ab 16.990 Euro. Der Diesel ist in gleicher Konfiguration ab 19.490 Euro erhältlich. Der günstigste Allrad-Selbstzünder kostet mindestens 21.490 Euro. Der Einstiegspreis für den 4WD-Benziner liegt bei 20.990 Euro. Wer aber alles bestellt, was die Preisliste hergibt, kann den Grundpreis erschreckend schnell allein über die Ausstatungslinie um 5.000 Euro erhöhen. Die feinste Version des XLV knackt dann ganz locker die 30.000-Euro-Marke. SsangYong liefert für den XLV nur relativ wenige Assistenzsysteme. Dazu gehört u.a. der erwähnte serienmäßige Überschlagschutz ARP, der ein Umkippen des Fahrzeugs bei abrupten Richtungswechseln verhindern soll. Ergänzt wird das Angebot durch einen Bremsassistenten und Tempomat.
Fazit: Gut ausgestattete Langversion des Tivoli zu konkurrenzfähigen Preisen und ohne gravierende Schwächen
Der 1954 in Seoul gegründete, seit dem Jahr 2011 mehrheitlich dem indischen Großkonzern Mahindra gehörende Hersteller, findet auch in Europa wieder zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Im Bestreben, der nach Hyundai und Kia sowie Chevrolet die viertgrößte südkoreanische Marke SsangYong weiter auszubauen, bringt der in Deutschland noch immer unterschätzte Hersteller jetzt mit dem XLV – nach Korando, Rexton, Rodius und Tivoli – fünfte Modellreihe auf den Markt.
Neben modernen Motoren steht ein um 70 Prozent vergrößertes Kofferraumvolumen im Vordergrund. SsangYong hat hier beim großen Bruder des Tivoli vieles richtig gemacht. Die Wahl, für den Tivoli oder doch für den XLV, ist eine Entscheidung die primär im „Potenziellen“ begründet sein könnte. Ob ein Käufer das Plus an Kofferraumvolumen tatsächlich benötigt, läßt sich nicht immer im Vorhinein abschätzen.
Der XLV überzeugt mit Front- wie auch mit Allradantrieb – egal ob mit manuellem Schaltgetriebe oder per Automatik. Unsere Empfehlung ist hier – egal in welcher Konfiguration – der 115 PS starke Euro-6-Diesel. Schwächen lassen sich eher bei den fehlenden modernen Assistenzsystemen oder der Konnektivität und Internet-Anbindung per Smartphone ausmachen. SsangYong bietet sie aktuell schlichtweg (noch) nicht an. Wer diese teuren Extras nicht vermisst, erhält mit dem SsangYong XLV ein gut verarbeitetes und talentstarkes Kompakt-SUV mit außerordentlich viel Platz für Gepäck.
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