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TÜV-Report 2023: Wer rastet der rostet: Einschlafen der Bremsbeläge bei E-Autos

Renault Zoe - Bildnachweis: Renault

 

Elektrofahrzeuge schneiden bei ihrer ersten Hauptuntersuchung (HU) je nach Modell sehr unterschiedlich ab


Das zeigt eine Sonderauswertung des aktuellen TÜV-Reports der vier besonders gefragten E-Modelle BMW i3, Nissan Leaf (ZE1), Renault Zoe und Tesla Model 3. „Mit den steigenden Absatzzahlen der vergangenen Jahre fahren immer mehr Elektrofahrzeuge bei den TÜV-Prüfstellen vor. Das ermöglicht uns eine Bewertung der technischen Sicherheit ausgewählter E-Autos“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Mit dem Renault Zoe habe es erstmals ein Elektrofahrzeug dank ausreichend hoher Stückzahlen in den „TÜV-Report 2023“ geschafft. In den Report fließen die Ergebnisse von 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen ein. In der Klasse der 2 bis 3 Jahre alten Fahrzeuge fallen 5,3 Prozent mit „erheblichen Mängeln“ durch die TÜV-Prüfung und müssen nach der Reparatur erneut vorgeführt werden. Die Durchfallquote des Renault Zoe liegt mit 5,3 Prozent exakt im Durchschnitt der 130 in dieser Altersklasse geprüften Pkw. Größter Mängelschwerpunkt ist beim Zoe die vordere Achsaufhängung. Insbesondere Querlenker sowie Spur- und Koppelstangen sind auffällig. Häufiger als im Durchschnitt wird auch die Funktion der Fußbremse beanstandet. „Mängel an den Bremsen treten bei allen untersuchten E-Autos überdurchschnittlich häufig auf“, sagt Bühler. Ein Grund dafür ist die Rekuperation, mit der in E-Autos Bremsenergie zurückgewonnen wird. Sie entlastet die Bremsen, was in Abhängigkeit von der Fahrweise zum „Einschlafen der Bremsbeläge“ (Absenkung des Reibwertes) führen kann. „E-Auto-Fahrende sollten regelmäßig kräftig bremsen, um die Bremsbeläge wieder zu regenerieren und damit die volle Bremsleistung zu erhalten“, rät Bühler.

Besser als der Durchschnitt schneidet der Nissan Leaf mit einer Mängelquote von 4,3 Prozent ab. Bei dem Japaner sind das Abblendlicht und die Bremsscheiben auffällig. Mit dem Ergebnis reiht sich der Leaf bei den 2- bis 3-jährigen Fahrzeugen im oberen Drittel des Rankings ein. Im unteren Drittel landet dagegen der BMW i3 mit einer Durchfallquote von 5,9 Prozent. Wie beim Leaf sind es beim i3 das Abblendlicht und die Bremsscheiben, die von den Sachverständigen bei der Prüfung überdurchschnittlich häufig beanstandet werden. Schlusslicht des Quartetts ist der Tesla Model 3, der zu den beliebtesten Elektrofahrzeugen in Deutschland gehört. 8,9 Prozent der geprüften Fahrzeuge fallen bei der ersten Hauptuntersuchung durch. Damit würden im Ranking dieser Altersklasse nur noch vier Autos hinter dem Tesla liegen, darunter der Dacia Logan, Dacia Dokker und VW Sharan. Neben der Beleuchtung mit Defekten am Abblendlicht und an den Nebelscheinwerfern haben auch die Bremsscheiben des Model 3 häufiger Mängel als der Durchschnitt aller untersuchten Fahrzeuge. Das gleiche gilt für die Achsaufhängung. „Viele Elektrofahrzeuge sind wegen der Batterie schwerer als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Das stellt häufig eine besondere Belastung für die Achsaufhängungen dar“, sagt Bühler. Keine besonderen Probleme haben selbst ältere E-Autos mit dem Thema Rost.

Die TÜV-Organisationen prüfen Elektrofahrzeuge auf Grundlage der HU-Richtlinie und typbezogener Prüfvorgaben. Im Blickpunkt steht dabei der Zustand der Hochvoltbatterie, der elektrischen Leitungen sowie der Stecker. Geprüft werden unter anderem die Befestigung, Isolierung und Kühlung der Stromspeicher. „Allerdings werden die Hochvoltbatterien von E-Autos bisher nur einer Sichtprüfung unterzogen. Das reicht nicht aus“, sagt Bühler. Die Vorschriften für die Hauptuntersuchung müssten um weitere spezifische Prüfpunkte für die Sicherheit von E-Autos ergänzt werden. „Die Hochvoltbatterie muss über den gesamten Lebenszyklus des Elektrofahrzeugs bewertbar sein. Dafür brauchen die Prüforganisationen Zugang zu den Daten des Batteriemanagementsystems“, sagt Bühler. Darüber hinaus müsste generell die Hochvoltsicherheit des Elektrofahrzeugs überprüft werden. Im Rahmen der HU wäre das mit einer Messung des Isolationswiderstandes und des Potenzialausgleichs im gesamten Hochvoltsystem umsetzbar. Ein weiteres Problem ist die zunehmende Verkapselung des Unterbodens bei E-Fahrzeugen, was eine Sichtprüfung sowohl der spannungsführenden Hochvoltkabel aber auch der Bremsleitungen verhindert. Es bedarf hier Anpassungen der Typprüfvorschriften, die für die HU zum Beispiel entsprechende Revisionsklappen in der Verkleidung für eine Sichtprüfung der sicherheitsrelevanten Bauteile vorschreibt.