Der neue Jimny ist kaum wiederzuerkennen
Der Vorgänger des Suzuki Jimny fährt seit 21 Jahren durch Europa, seit 1998. Das Vorgängermodell fand 2017 in Deutschland noch 6.600 Käufer. Die Ende letzten Jahres gestartet zeigt sich die zweite Generation mit deutlich mehr Kanten und Charakter, gibt sich selbstbewusst und fällt auf im Straßenbild – obwohl der Japaner weiter nur 3,65 Meter lang ist. Wer nicht genau hinschaut, meint, aus den Augenwinkeln eine geschrumpfte G-Klasse im Bonsai-Format zu sehen. Klein in dem Dimensionen präsentiert sich die Neuauflage des Jimny als Charakterriese. Alle Linien sind überwiegend senkrecht und waagerecht. Apropos Straße: Dort ist er streng genommen nicht wirklich beheimatet. Der Jimny ist und bleibt ein kleiner Geländewagen und sucht nach Herausforderungen.
Interieur – auch hier kommt das Vorbild aus Stuttgart
Die Innenraumgestaltung präsentiert sich schlicht aber robust. Auch das Interieur des Jimny orientiert sich an der neuen G-Klasse. Die Lüftungsdüsen, der aufgesetzte Bildschirm, der Haltegriff vor dem Beifahrer. Die Instrumenteneinheit ist kratzfest, alle Schalter und Griffe lassen sich selbst mit Handschuhen einfach bedienen. Die Materialien im Innenraum sind zwar fast durchweg aus hartem Kunststoff, dennoch ist der Gesamteindruck mit Offroad-Ambiente durchaus gelungen. Auch sind die harten Oberflächen zielgruppenadäquat, wenn Hunde, Brennholz oder andere rustikale Dinge transportiert werden müssen. In der getesteten Version „Comfort+“ ist das Lenkrad verstellbar, allerdings nicht in der Weite. Die Sitzheizung ist gut, aber schwach an der Lehne. Einige Bedienfelder neben dem Bildschirm sind nicht hinterleuchtet, ebenso wie einige Schalter am Armaturenbrett. Umsteiger oder Seltenbenutzer kommen da schon mal ins Grübeln.
830 Liter Stauraum und eine Ladekante in 80 Zentimetern Höhe
Zwar offiziell als Viersitzer benannt ist der Jimny im Grunde auch ein Zweisitzer. Die mächtige Hecktür mit dem angebrachten Reserverad geht seitlich auf – nicht jedermanns Sache. Dahinter gibt es praktisch keinen Kofferraum, lediglich einen schmalen Streifen mit 85 Liter Ladevolumen. Nicht einmal ein breiter Aktenordner passt dort rein. Die Lehnen der hinteren Plätze fungieren als umlegbare Gepäckfläche. Formal sind die Sitze als Aufenthaltsort für zusätzliche Passagiere nur auf der Kurzstrecke zu empfehlen. Die beiden Einzelsitze im Fond können aber umgelegt werden, so entsteht eine ordentliche Ladefläche. Das Entern der Fondsitze gestaltet sich bei dem Zweitürer recht mühsam. Die nutzbare Tiefe des Ladeabteils beträgt je nach Position der Vordersitze zwischen 92 und 125 Zentimetern, die Luke misst 100 mal 78 Zentimeter. Zudem sind die beiden Einzelsitze dort eher nicht für längere Fahrten gemacht.
Infotainment von Bosch
Die Infotainmentlösung stammt von Bosch und kann überzeugen. Die kabelgebundene Smartphone-Konnektivität mit Unterstützung von Apple Car Play oder Android Auto klappte auf Anhieb. Zur Verbindungsfähigkeit gehört zudem die Smartphone-Integration via Mirror Link. Dazu gesellt sich eine native leistungsfähige 2D/3D Kartennavigation samt Sprachbedienung und eine Bluetooth-Freisprechanlage. Das Gerät verfügt weder über Drehregler noch Tasten, sondern einzig über einen 7-Zoll-Touchscreen-
1,5-Liter-Sauger mit 102 PS
Den Antrieb übernimmt ausschliesslich ein 1,5-Liter-Saugmotor mit 102 PS. Der Benziner ist deutlich besser als das vorherige 1,3-Liter-Aggregat. Die Laufkultur könnte zwar noch besser sein. Den kombinierten Normverbrauch gibt der Hersteller mit 6,8 Litern an. Unser kombinierter Testverbrauch über alles betrug 7,5 Liter auf 100 km. In Anbetracht der Fahrleistungen ist das relativ viel. Das maximale Drehmoment von eher durchschnittlichen 130 Newtonmetern liegt erst bei 4.000 U/min an. Der Langhuber (74 x 85 mm) mit variablen Steuerzeiten mobilisiert ab 1.500 Touren einen nahezu linear und stetig steigenden Schub. Das Drehmoment-Maximum von 130 Nm liegt dann ab 4.000 Umdrehungen pro Minute an. Die Leistung von 75 kW (102 PS) stellt das Aggregat dann bei 6.000 Touren zur Verfügung. Für die Landstraße reicht es. Ansonsten empfiehlt sich der Jimny für längere Reisen. Dort und in der Stadt kann der nur 1.165 Kilogramm schwere Jimny gut mithalten. Die Höchstgeschwindigkeit des Jimny berägt 145 km/h. Der ellenlange Schalthebel der manuelle Fünfgang-Schaltung erinnert mit seinem Faltbalg unwillkürlich an die achtziger Jahre. Die Gänge sortieren sich sauber auf erstaunlich kurzen Wegen ein. Zumindest ab und zu haben wir den sechsten Gang dann doch vermisst. Schon bei 100 km/h liegen im fünften Gang bereits 3.000 Touren an.
Im Gelände besser unterwegs als der teuerste SUV
Der Jimny ist ein reinrassiger, kleiner Geländewagen. Sein kurzer Radstand von 2,25 Metern, seinem hohen Schwerpunkt und einer Fahrzeughöhe von 1,70 Metern haben auch Auswirkungen auf die Fahreigenschaften. An den Jimny darf man keinen konventionellen Maßstab anlegen. Zudem ist er mit seinem kurzen Radstand von 2,25 Metern und der Höhe von 1,70 Metern auch extrem windanfällig und über Bodenwellen hoppelt er zweilen statt sie zu absorbieren. Und die indirekte Lenkung erfordert beim Rangieren mitunter einen hohen Krafteinsatz, wie in vergangenen Zeiten. Der kleine Wendekreis von unter zehn Metern (9,8) reduzieren dafür die Wendemanöver. Das Geräuschniveau auf der Autobahn ist extrem laut. Und trotzdem bereitet es viel Freude, mit dem Jimny unterwegs zu sein. Auf der Haben-Seite sind zum einen die extrem positiven Offroad-Eigenschaften.
Den Unterbau bildet noch immer ein grundsolider Leiterrahmen, der nun eineinhalb Mal so steif ist wie vorher. Dazu gibt es zwei robusten Starrachsen an Schraubenfedern mit Längslenkern, Panhardstab und Reduktionsgetriebe sowie einen zuschaltbaren Allradantrieb mit Geländeuntersetzung. Eine angepasste Traktionskontrolle dient vorne und hinten als Ersatzlösung für fehlende Quersperren.
Abseits der befestigten Straßen hält den Jimny kaum etwas auf. Der kleine Wagen kann weit mehr, als ihm seine meisten Fahrer jemals abverlangen werden. Um über Hindernisse und steile Anstiege zu kommen, besitzt der Jimny einen Böschungswinkel vorne von 36 Grad und hinten von 48 Grad sowie einen Rampenwinkel von 27 Grad. Die Bodenfreiheit beträgt 205 mm. Zum Hinterradantrieb (2H) lässt sich „Allradgrip Pro“ (4H) zuschalten. Zudem gibt es eine Geländeuntersetzung (4L), bei der in allen Gängen mehr Kraft an die Räder gesendet wird. Und es gibt eine Bergan- und -abfahrhilfe (Downhill Control). Die maximale Anhängelast bis zwölf Prozent Steigung beträgt 1.300 kg (gebremst) bzw. 350 kg (ungebremst). Die LED-Scheinwerfer der gehobenen Ausstattung Comfort+ blenden automatisch ab. Der Spurverlassenswarner lässt das Lenkrad dezent und daher auf schlechter Fahrbahn kaum wahrnehmbar vibrieren und blendet ein Symbol in den Tacho ein.
Technische Daten Suzuki Jimny 1.5 Allgrip Comfort + |
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Hersteller: | Suzuki |
Karosserie: | Geländewagen 3-türig 2+2 Siter |
Motor: | 1.5 Liter Saugbenziner |
Getriebe: | 5-Gang manuell |
Antrieb: | Hinterrad- und Allradantrieb (Allgripp ) |
Hubraum: | 1.462 ccm |
Emissionsklasse: | Euro 6d-TEMP |
Leistung: | 75 kW (102 PS) bei 6000 U/min |
Drehmoment: | 130 Nm bei 4000 U/min |
Von 0 auf 100: | 12,8 s |
Höchstgeschwindigkeit: | 145 km/h |
Verbrauch (ECE): | 6,8 Liter |
CO2-Ausstoß | 154 g/km |
CO2-Effizienzklasse | G |
Kraftstoff: | Superbenzin E10 95 ROZ |
Wendekreis: | 9,8 Meter |
Kofferraum: | 85 bis 830 Liter |
Ladekantenhöhe | 810 mm |
Felge | 5½ Jx15 " |
Bereifung | 195/80R15 96S |
Anhängelast gebremst | 1.300 kg |
Dachlast: | 40 kg |
Tankinhalt: | 40 Liter |
Leergewicht/Zuladung inkl Fahrer: | 1.165 kg / 270 kg |
Länge/Breite/Höhe/Radstand: | 3.645/1.645/1.705/2.250 mm |
Testwagenpreis 1.5 Allgrip Comfort+ | ab 19.985 Euro zzgl. 330 Euro für Zweifarblackierung |
Preise und Ausstattung
Den Jimny gibt es in den Ausstattungsvarianten Comfort und Comfort+. Die Neuauflage des Jimny startet zu Preisen ab 17.915 Euro. Für die Viergang-Automatik verlangen die Japaner einen Aufpreis in Höhe von 1.180 Euro. Der vollausgestattete Jimny Comfort+ liegt bei 19.985 Euro. Serienmäßig umfasst die Austattung ab Basis bereits eine Fülle nützlicher Dinge wie elektrische Fensterheber, Sitzheizung vorn, CD-Radio nebst Bluetooth-
Fazit: Der Erfolg gibt dem Jimny 2.0 recht – vorerst ausverkauft
Die Neuauflage des Jimny bietet mehr Offroad-Qualitäten als je zuvor und besticht mit seiner markanten Optik. Die Japaner haben der Versuchung widerstanden, dem Mainstream zu folgen und aus dem Jimny einen gesichtlosen Crossover-Softie zu machen. Direkte Zielgruppe des kleinen Geländewagen sind Jäger, Förster oder Landschaftsarbeiter. Der Jimny ist ein Arbeitstier für Profis und preisbewusste Offroader. Zu einem Grundpreis von 17.915 Euro erhalten die Kunden einen sehr talentierten kleinen Geländewagen ohne jeglichen Weichspüler. Zu den Stärken des neuen Jimny gehört sein kantiges Design. Beim Jimny handelt es sich wohlbemerkt um kein weichgespültes City-SUV, sondern einen echten – wenn auch klein dimensionierten – Geländewagen. Abseits der befestigten Straßen kommt er groß raus. Geschickt reduziert auf das Wesentliche überzeugt der Wagen mit viel Charme. Kurzum: Er ist extrem gelungen. Der Autohersteller Suzuki wird von der Nachfrage nach seinem Mini-Geländewagen Jimny regelrecht überrannt. Wer einen bestellt, muss viel Geduld aufbringen. Mittlerweile beträgt die Auslieferungszeit zwei Jahre. Mit der Markteinführung vor einem Jahr waren binnen 3 Monate bereits die komplette Weltproduktion für 2019 ausverkauft. Bereits sein direkter Vorgänger ist seit 1998 auf dem Markt und erfreute sich mangels direkter Wettbewerber über einen langen Zeitraum von über 20 Jahren größter Beliebtheit.
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