Bei dem MG Electric mit dem traditionsreichen britischen Markennamen handelt es sich um eines der ersten Elektro-Kombi auf dem deutschen Markt. Der Peugeot e-308 und die Kombiversion des Elektro-Astra befinden sich als direkte Wettbewerber in der Markteinführung. Der Automobilkonzern SAIC (Shanghai Automotive Industry Corporation) hat 2008 die Namensrechte gekauft und produziert nun unter anderem auch Fahrzeuge unter dem Markennamen MG in China. Über Joint Ventures gibt es auch weitreichende Verbindungen zu Volkswagen und GM. Seit die traditionsreiche Marke MG in chinesischer Hand ist, geht es steil bergauf. Nach den SUV-Modellen EHS , ZS EV und Marvel R ist mit dem MG5 Electric erstmals auch ein Kombi mit rein elektrischem Antrieb im Programm. Kompakte Kombis sind eine Kernkompetenz europäischer Hersteller. Es ist schon grotesk, dass gerade ein chinesischer Hersteller als erster auf die Idee kommt, einen vollelektrischen Kombi im Kompaktsegment auf den Markt zu bringen. Während die Nachfrage nach einem Kombi bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor schon seit Jahren schwächelt, verstärkt sich der Wunsch nach einem vollelektrischen Kombi. Und genau hier ist MG Motors ist mit dem MG5 Electric rein formal ein optisch ansprechenden Auto gelungen.
Das Design muss sich vor den Verbrenner-Kombis im Segment jedenfalls nicht verstecken und wirkt durchaus modern. Noch steht der Elektrokombi im breiten Feld der SUV weitgehend konkurrenzlos da. Das ändert sich bald mit dem elektrischen Opel Astra oder wenn VW in Kürzer – eine Klasse höher – mit der Kombiversion des ID.7 antritt.
Es gibt schon über hundert Händler in Deutschland. Und MG ist dabei das Händlernetz weiter kräftig auszubauen.
Vorne signalisiert die geschlossene Front den Elektroantrieb. Die modernen, schmalen Lichter sind über eine schwarze Leiste und einen dünnen Chromstreifen verbunden. Am Heck ist die hochwertige LED-Signatur in Y-Form ein markanter Eyecatcher.
Interieur
Im Innenraum ist dem MG5 sein Preissegment keineswegs anzusehen. Das Interieur ist solide verarbeitet und macht einen durchaus wohnlichen Eindruck. Bei genauerem Hinsehen stellt man jedoch fest, dass selbst die Oberfläche des Armaturenbretts aus hartem Kunststoff gefertigt ist, gleiches gilt für die Türverkleidungen. Aber die günstigeren Materialien brauchen sich in optischer Hinsicht nicht zu verstecken und sind erstklassig verarbeitet. Der Materialmix als gut abgestimmte Mischung aus Stoff, Kunstleder, Alu-Dekor und blauen Zierelementen verleiht dem Interieur, obwohl hier durchaus der Rotstift regiert hat, eine sehr wertige Anmutung. Zumindest alle Flächen, die potentiell mit den Händen in Berührung kommen, sind unterschäumt und fassen sich wertig an. Das gilt schon für die Comfort-Versionen, die mit schwarzen Stoffbezügen kommt und umso mehr für den von uns gefahrenen Luxury, bei dem der Kunde zwischen schwarzen oder (gegen Aufpreis) grauen Kunstleder-Bezügen wählen kann.
Die Übersicht im MG5, die bei vielen Elektro-SUVs insbesondere aufgrund dicker C-Säulen leidet, ist bei dem britischen Chinesen vorbildlich. Beim Kombi gelingt der Schulterblick dank zusätzlicher Fenster hinten und schmaler Säulen sehr gut. Unterstützung erfährt der Fahrer über die Kamerasysteme, die nicht nur hinten, sondern auch vorn und seitlich angebracht sind. Beim Blinken in langsamer Fahrt wird automatisch auf die entsprechende Kamera umgeschaltet. Zusätzlich errechnet das System aus den Kamerabildern eine Vogelperspektive, die allerdings das Bild leicht verzerrt und daher wenig vertrauenswürdig wirkt. Gleiches gilt für die Auflösung der Kamerabilder, die besser sein könnte.
Der MG5 hat einen hochlösendes 7-Zoll-Digitalcockpit mit modernem, gut ablesbarem Layout und gut strukturierter Steuerung über die Lenkradtasten. Eine Bordcomputeranzeige und Infos zu den Sicherheitsassistenten lassen sich dort einblenden. Ergänzt wird der instrumentencluster von dem zentralen Touchscreen in 10,25 Zoll. Das Infotainmentsystem punktet aufgeräumt und minimalistisch. Es kommt mit wenigen Menü-Ebenen zurecht und agiert entsprechend direkt und schnell. Das Smartphone kann per Android Auto oder Apple CarPlay angebunden werden.
Gut sind die noch verbliebenden und angenehm groß dimensionierten analogen Tasten für Lautstärke, Klima und Klimagebläse. Im Navigationssystem kann nach Ladeleistungen gefiltert werden und es werden zahlreiche Details zu den verschiedenen Anschlussmöglichkeiten an der jeweiligen Ladesäule angezeigt. Für echte Langstrecken-Kompetenz verfügt der MG5 zwar über eine leicht zu bedienende Vorkonditionierung des Akku. Aber eine dezidierte Ladeplanung in Kombination mit der Navigation für längere Fahrten fehlt. Das System schlägt keinerlei Ladestopps in der Route vor, die mit einer Akkuladung allein nicht möglich sind. Hier bleibt dem MG5-Nutzer nur die Hoffnung auf ein Update.
Ladeabteil und Variabilität
Der Kofferraum die Königsdisziplin eines Kombis. Die Rückbank lässt sich leicht umklappen. Die umgelegten Sitze bilden allerdings eine leichte Kante, die das Hineinschieben von Gegenständen erschwert. Doch die Rückbank bildet auch umgeklappt keine ebene Fläche, sondern steht etwas nach oben. Der Ladeboden ist in zwei Stufen einstellbar, jedoch bleibt auch in der höheren Stufe stets eine deutliche Ladekante über die Gepäck beim Ein- und Ausladen gewuchtet werden muss. Auf eine elektrischen Heckklappe und einer Durchlademöglichkeit verzichtet MG zugunsten des Preises. Auch in Summe alles verzeihliche Kleinigkeiten, über die viele Kunden in Anbetracht des Preis-Segments hinwegsehen werden.
Die Heckklappe schwingt weit hoch und gibt eine große Öffnung frei. Das Ladevolumen beträgt in Normalkonfiguration 425 Liter. Bei umgeklappten Rücksitzen stehen bis zu 1.365 Liter Stauraum zur Verfügung. Im letzteren Fall entsteht jedoch eine ansteigende Ladefläche. Dank der langen Ladefläche von 1,77 Metern wäre sogar ein Fahrrad-Transport auch ohne Ausbau des Vorderrads möglich. Für noch längeres Transportgut wäre ein um- oder einklappen des Beifahrersitzes nötig. Dies beherrscht der MG5 leider nicht.
Lithium-Eisen oder Nickel-Mangan
Es gibt keine große Auswahl gibt es bei den Motoren und Akkuvarianten. MG stellt zwei Akku-Versionen zur Wahl. Die beiden Akkus unterscheiden sich nicht nur von der Kapazität, sondern auch von der Zellchemie. Der Kleine arbeitet mit der günstigen aber serh robusten Lithium-Eisen-Phosphat-Technologie (LFP), der Große mit Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt (NMC). Und während der kleine Akku an einen 130 kW starken Elektromotor gekoppelt ist, versorgt der größere Akku einen (!) schwächeren Motor mit Energie. Der bringt es nur auf eine Maximalleistung von 115 kW.
Ist die Ladung aufgebraucht geht es entweder an die heimische Wallbox, wo der MG5 serienmäßig mit 11 kW in gut 6h Stunden von 0 auf 100 Prozent auflädt. Oder Schnellladen an einer HPC-Schnellladesäule per Gleichstrom (DC). Hier beträgt die maximale Ladeleistung des Kombis auf bis zu 87 kW. Wir haben im Test nur 70 kW geknackt. Um die 87 kW zu schaffen müssen Idealbedingunen bei der Batterietemperatur vorliegen. Dann reduziert sich die Zwangspause auf bloß noch 40 Minuten für eine Ladung bis 80 Prozent. Leider benötigt der MG5 dann doch häufig länger, weil der Akku zu kalt (oder zu warm) ist oder der SoC noch zu hoch. Hier liefert der MG keine Spitzenleistung ab. Aber die Werte reichen je nach Fahrprofil für den Alltag völlig aus. Dieses Auto richtet sich nicht in erster Linie an Langstreckenfahrende. Etwas mehr Ladezeit eingeplant geht aber auch mal eine Fahrt in den Urlaub mit dem MG5.
Der MG5 ist ein Nasenlader und die Ladebuchse direkt an der Front angebracht. Das hat in den meisten Fällen Vorteile, weil es egal ist, ob die Ladesäule sich links oder rechts vom Auto befindet. Es kann aber auch Nachteile haben, wenn am entfernten Ende zur Ladesäule dadurch ein langes Kabel benötigt wird, um nicht entgegen der Fahrtrichtung zu parken.
Dank vehicle-to-load (V2L) kann das Auto über einen „Entladeadapter“ selbst zur Stromquelle mit Netzspannung umfunktioniert werden. Ideal beim Camping um beispielsweise die E-Bikes im Urlaub mit bis zu 2,2 kW wieder aufzuladen. Oder im Falle eines Blackout zur Überbrückung den hemischen Kühlschrank mit Energie zu versorgen. Während die Wettbewerber ihre Elektromodelle oftmals allzu früh abregelt, schafft der chinesische Familienfreund langstreckentaugliche 185 km/h.
Fahreigenschaften
Drei Rekuperationsstufen lassen sich per Wipptaster in der Mittelkosnole wählen. Damit kommt er nah an ein One-Pedal-Driving heran. Hier wäre etwas mehr Bremseingriff durchaus wünschenswert.
Einzig die Spreizung zwischen den drei verfügbaren Fahrmodi, Eco, Comfort und Sport könnte stärker differenziert ausfallen. Die Auswahl ist denkbar einfach über einen der beiden Schalter getroffen, die auf der Mittelkonsole sitzen. Der andere bestimmt über die drei verschiedenen Rekuperationsstufen, bei denen die Unterschiede deutlicher ausfallen. Bei vorausschauender fahrweise wird das Bremspedal seltener benötigt. Trotzdem hätten entweder mehr verfügbare Stufen oder eine noch stärkere Rekuperation in der dritten und höchsten Stufe dem MG5 gut getan.
Unter kombinierten Bedingungen bewegten wir den MG5 zwischen 18 bis 21 kWh je hundert gefahrene Kilometer. Dies bei milden Temperturen um die 20 Grad. Damit ist der Kombi in Bezug auf Effizienz gut unterwegs, wenn auch nicht überragend. Ein Tesla Model 3 benötigt hier ca. 2 bis 3 kWh weniger. Richtig spasam ist der MG 5 in der Stadt: Im urbanen Umfeld verzeichneten wir für den Elektro-Kombi einen Vebrauch von rund 12 kWh/100km.
Im Kapitel Fahreigenschaften vermittelt der Chinese ein sicheres und solides Fahrverhalten. Elektroautos verfügen über einen bauartbedingten tiefen Schwerpunkt und ein etwas härter abgestimmtes Fahrwerk, um das Mehrgewicht der Batterie auszugleichen. Das alles kommt der Fahrdynamik des Kombis zugute. Um Kurven zirkelt der MG5 präzise und unaufgeregt ohne auffällige Wankbewegungen. Das Lederlenkrad liegt gut in der Hand. Die Lenkung ist infolge der hohen Servounterstützung eine Hauch zu leichtgängig. In der Folge fehlt es etwas an Rückmeldung und Lenkpräzision.
Technische Daten MG 5 Electric Luxury SR - MJ 2022 | |
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Hersteller: | MG / SAIC |
Karosserie: | Kombi mit 5 Sitzplätzen |
Motor: | PMS-Motor vorne |
Antrieb | Frontantrieb |
System-Leistung: | 130 kW / 178 PS |
Drehmoment: | 280 NM vorne |
Höchstgeschwindigkeit: | 185 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) in s | 7,7 Sekunden |
CO2-Ausstoß (NEFZ/WLPT): | 0 g/km |
Batterietyp: | LFP ( Lithium Iron Phosphate ) |
Batteriespannung: | 400 Volt |
Maximale Speicherkapazität | 50,3 kWh |
Normverbrauch in kWh (WLTP) | 18,8 kWh /100 km |
Reichweite kombiniert: | 310 km (WLTP) |
Schnellladeleistung (max.) | Max. 85 kW DC |
Schnellladezeit DC (Ladezeit 0% auf 80%) | 40 min |
Maximale Leistung des Bordladegeräts | 11 kW |
Vehicle-to-load (V2L) | Bis 2.5 kW |
Bodenfreiheit: | 115 mm |
Leergewicht | 1.562 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht: | 2.017 kg |
Zuladung | 453 kg |
Kofferraumvolumen | 357 – 1.396 Liter |
Gepäckraumvolumen Front (Frunk) | kein Frunk (AWD) |
Anhängelast (ungebremst) | 500kg |
Anhängelast (gebremst | 500kg |
Länge/Breite/Höhe m. Dachträger/Radstand | 4.600/1.1818/1.543/2.659 mm |
Fahrzeug- und Batteriegarantie: | Beides: 7 Jahre oder 150.000km |
Testwagen vor BAFA | 34.312 Euro (UVP inkl. MwSt. & zzgl. Transportkosten i.H.v. 999 Euro und Lackierung in Diamond Red 650 Euro) |
Preise, Ausstattung und Extras
Der MG5 Electric bietet in der Austattungsversion Comfort eine rundes Paket ohne viel Schnickschnack. Serienmäßig sind hier unter anderem eine Klimaanlage mit 2,5-μm-Partikelfilter, LED-Scheinwerfer und -Rückleuchten, beheizbare Vordersitze, Einparkhilfe, ein digitales 7-Zoll-Display, ein lederbezogenes Multifunktions-Lenkrad, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen und Keyless Entry. Die getestete Luxury-Version fährt zusätzlich mit Klimaautomatik, 360-Grad-Parkkamera, abblendbarem Innenspiegel, elektrisch verstellbarem Fahrersitz mit Lendenwirbelstütze, Kunstledersitzen und 17-Zoll-Leichtmetallfelgen vor. An elektronischen Helferlein unterstützen ein adaptiver Tempomat, ein Frontkollisionswarner mit automatischer Notbremsung, ein Spurhalte- und ein Stauassistent den Fahrer. Die Luxury-Variante steht mit großem 61,1 kWh-Akku ab (ab 37.312,50 Euro) im Onlinekonfigurator (Stand 10. Juni 2023). Für das Basismodell Comfort mit 50,3-kWh-Akku verlangt MG mindestens 32.812 Euro. Jeweils abzüglich des BAFA-Anteils der Umweltprämie. Das ist angesichts der Preise von Neuwagen oder jungen Gebrauchten mehr als preiswürdig. Der von uns gefahrene Luxury als Standardrange mit 50,3 kWh-Akku (LFP) kostet vor BAFA 34.312 Euro. Das einzige Extra bei unserem Testwagen ist die Lackierung in Diamond Red (650 Euro). Zu den Preise addieren sich noch 999 Euro Überführungskosten.
Fazit: Praktischer Kombi mit respektablem Elektroantrieb und viel Nutzwert
Optisch gefällig zählen beim Kombi primär die inneren Werte. Und hier kann der MG5 punkten. Trotz seiner nicht mehr ganz taufrischen Elektroarchitektur. Der MG5 Electric kann vor allem seine Einzigartigkeit als Elektro-Kombi in die Wagschale werfen. Doch auch beim Platzangebot, den Fahreigenschaften, der Reichweite und dem Preis erweist er sich als solides Angebot und gut austarierte Vernunftlösung. Das schön gestaltete und funktionale Interieur und der gut nutzbare Kofferraum machen den MG5 zu einem hervorragendem Familienauto. Antrieb, Reichweite und Ausstattung passen und das zu einem absolut fairen Preis. Schwächen hat der Wagen auch. Aber es sind keine gravierenden. Kritik verdient der MG5 bei Ladeleistung und Software. Hier besteht noch ein Nachbesserungsbedarf. Vorbildlich ist die Garantie mit sieben Jahren respektive maximal 150.000 Kilometern Laufleistung. Ergänzend wird dies im ersten Jahr mit einer kostenlosen Pannenhilfe. Die kostenfreie Pannenhilfe läßt sich bis auf 7 Jahre verlängern, indem die Wartungsservice von einem offiziellen MG-Partner durchgeführt werden.
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