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Aiways U5 Premium: Wie gut ist das China-SUV?

Was kann das China-SUV? Der Aiways U5 Premium im Einzeltest - Bildnachweis: MOTORMOBILES

 

Mittelklasse-SUV überrascht!  

Mit dem Aiways U5 tritt seit einem Jahr ein chinesisches Mittelklasse-SUV auf dem deutschen Automarkt an. Mit viel Platz, kräftigen 204 PS und großem 63 kWh Akku spricht das SUV preisbewusste Kunden an. Die Marke Aiways ist erst seit 2020 in Deutschland aktiv. Hierzulande bietet der Hersteller mit Stammsitz in Shanghai seine Fahrzeuge im Direktvertrieb ab. Beim Vertriebsmodell kooperiert das Aiways mit Euronics. Erstmals wird ein E-Auto in Deutschland über einen Elektrogeräte-Händler verkauft und spart sich die enormen Händlerkosten. Den Service, Reparaturen und Updates soll die Werkstattkette ATU gewährleisten. Für die ersten drei Jahre ab Kauf geben die Chinesen ein Mobilitäts-Versprechen: eine kostenlose Pannenhilfe, selbst wenn man selbstverschuldet mit vollständig entladener Batterie nicht weiterkommt. Wir sind sehr gepannt wie sich das Aiways U5 in der Praxis schlägt. Die Versuche chinesischer Automobilhersteller, in Europa Fuß zu fassen, waren in den vergangenen Jahren nicht von Erfolg gekrönt. Handelt es sich bei dem U5 um einen Blender oder ist er ein echter Preis-Leistungs-Geheimtipp? Unser ausführlicher Fahrbericht soll das klären.

 

Gefälliger aber nicht beliebiger Heckabschluss: Der Aiways U5 Premium im Einzelttest – Bildnachweis: MOTORMOBILES

  

Das stärkste Argument für den Aiways U5 ist seine Lieferzeit von aktuell 6 Monaten und sein fair bepreister Anschaffungspreis. Die 6 Monate sind spannend für viele die noch dieses Jahr die volle Umweltprämie nutzen möchte. Ohne ggf. längerer Mindest-Haltedauer. Der Mittelklasse-SUV hat als direkte Wettbewerber mit dem VW ID.4, Audi Q4 e-tron und dem Skoda Enyaq gleich drei direkte Wettbewerber aus dem Volkswagen-Konzern. Mit einer Außenlänge von 4,68 Metern zählen der Aiways U5 sowie der Škoda Enyaq mit 4,65 Metern zu den größeren Modellen in diesem Segment. Der ID.4 von Volkswagen ist mit 4,59 Meter dagegen ein ganzes Stück kürzer. Der Testwagen des U5 päsentiert sich gut verarbeitet und sauber montiert, die Lackqualität tadellos. Von geringfügigen Schwächen im Detail tritt der Aiways U5 den Beweis an, dass Fahrzeuge die in China entwicklet und montiert werden, schon lange nicht mehr billig im Sinne von „qualitativ minderwertig“ sein müssen. Gerade im Kapitel Verarbeitung punktet der Aiways mit einer guten Qualität. Im Innenraum des U5 setzt sich der gute Eindruck fort. Geschäumte Oberflächen im oberen Bereich von Armaturenbrett und den Türverkleidungen sowie Filz in den Türablagen sorgen für einen wertigen Eindruck. Und es fällt auf, wie gut der Aiways verarbeitet ist: Nichts klappert, auch nicht auf grobem Kopfsteinpflaster. Hier schwächelt zuweilen der ID4.

 

Interieur mit Sitzen in oftem Echtleder: Der Aiways U5 Premium – Bildnachweis: MOTORMOBILES

 

Formal sehr eigenständig im Design, in zweifarbiger Lackierung , vermag das BEV optisch zu überzeugen. Die Karosserie zeichnet sich durch ein modernes Design mit vielen glatten Flächen aus. Verblüffend und v.a. windschlüpfrig sind die in die eingelassenen Türgriffe. Auch wenn der Betrachter einen Augenblick benötigt, das Fahrzeug einzuordnen. Auf jeden Fall macht der Newcomer neugierig. Selten wurden wir während unserer Testfahrten – v.a. an den Ladesäulen – so häufig auf den Wagen angesprochen. Die technische Basis des Aiways U5 ist eine rein elektrische Architektur.

 

Interieur mit Sitzen in oftem Echtleder: Der Aiways U5 Premium – Bildnachweis: MOTORMOBILES


Interieur
 

Im Innenraum des U5 setzt sich der gute Eindruck fort. Weiche Oberflächen im oberen Bereich von Armaturenbrett und den Türverkleidungen sowie Filz in den Türablagen vermögen optisch und haptisch zu überzeugen. Das Interieur ist ebenso schnörkellos und zeitgemäß gestaltet wie die äußere Hülle und bietet mit einem breiten Bildschirm, der sich vom Lenkrad bis in die Mittelkonsole zieht, einen zentralen Blickfang und Bezugspunkt. Die Fahrinformationen werden in drei separaten TFT-Displays gut und übersichtlich dargestellt. Licht, Blinker und Scheibenwischer sind über die üblichen Hebel ohne Eingewöhnung gut bedienbar. In der Mitte des Cockpits ist das 12,3-Zoll-Infotainment-Display verbaut, über das sich das Auto, wie bei einem Tesla, vom Rekuperationsgrad bis hin zum Öffnen des Panorama-Glasdachs steuern lässt. Das ist wiederum gewöhungsbedürftig. Aber schon nach kurzer Zeit direkt bedienbar.

 

Das Cockpit mit dreiteiligen Display und abgeflachtem Lenkrad – Bildnachweis: MOTORMOBILES

 


Als Ergänzung für die Klimasteuerung befindet sich in der von uns gefahrenen höheren Ausstattungslinie des Aiways U5 ein separates Klimabedienteil in der Mittelkonsole. Temperatur- und Klimaeinstellungen sowie die Sitzheizung lassen sich über die touchsensitive Oberfläche regeln. Das darunterliegende Ablagefach verfügt über eine gut funktionierende kabellose Qi-Ladefunktion für Smartphones. Alternativ findet sich hier auch ein klassischer USB-Anschluss zur Konnektivität und zum Aufladen von Smartphones. Der Aiways U5 erstreckt sich auf stolze 4,68 Metern Länge. Dies sind acht Zentimeter weniger als der Mercedes EQC. Trotzdem bietet der U5 mehr Platz als das schwäbische Premiumprodukt. Die Türen öffnen sich weit und Fahrer und Mitfahrer können sehr bequem den Innenraum entern. Vorn wie hinten finden Personen bis 1,90 Meter Körpergröße bequeme Platzverhältnisse vor. Die Kopfstütze ist fest verbaut und das kleine aufgesteckte Kopfpolster kann nur abgezogen und nicht verstellt werden. Die Beinfreiheit hinten ist sogar fürstlich. Bei zurückgefahrenem Fahrersitz beträgt der Knieabstand mehr als 10 Zentimeter.

 

Auch das Ladeabteil überzeugt. Der Kofferraum des Aiways bietet in normaler Konfiguration ein Volumen von 370 Litern. Mit umgeklappten Rücksitzlehnen sind es 960 und bei dachhoher Beladung sogar 1.675 Liter – Bildnachweis: MOTORMOBILES



Auch das Ladeabteil überzeugt. Der Kofferraum des Aiways bietet in normaler Konfiguration ein Volumen von 370 Litern. Mit umgeklappten Rücksitzlehnen sind es 960 und bei dachhoher Beladung sogar 1.675 Liter. Und nicht zu vergessen das vordere Staufach unter Motorhaube (Frunk) mit mehr Stauraum als für die beiden Ladekabel Typ2 und Ladeziegel nötig. Die Fahrstufen lassen sich per metallischem Drehschalter wählen. Klappt man das Klima-Bedienfeld auf, kann darunter das Handy induktiv geladen werden. Der Klang des Lautsprechersystems ist durchaus gut. Nur unter DAB klingtes etwas dünn. Leider merkt sich das Radio nicht den letzten DAB-Sender und schaltet bei einem neustart auf den letzten FM-Sender.
Neben den Kameras für das Einparken und die 60 Grad-View befinden sich noch zwei Kameras im Innenraum vorn. An der linken A-Säule hat zudem zwei IR-LEDs und dient zur Müdigkeitserkennung und warnt dann bei zufallenden Augen oder auch bei Gähnen.


Antrieb und Ladeeigenschaften
 

Von zentraler Bedeutung für ein Elektro-SUV ist seine Reichweite und Ladegeschwindigkeit sowie seiner Efizienz bzw. des Stromverbrauch.  Wir hatten im Frühjahr einen extrem breiten Temperaturbereich. Von minus 5 bis 25 Grad Celsius. Den kombinierten Normverbrauch gibt der Hersteller mit 17 kWh an. entsprechend einer Reichweite von 400 Kilomtern. Unter die Haube packten die Aiways-Entwickler einen Elektromotor mit einer Leistung von 150 kW (204 PS) sowie einem maximalen Drehmoment von 310 Newtonmeter. Damit erledigte unser Testwagen mit einem Leergewicht von 1.770 kg den Null-Hundert-Paradesprint innerhalb von 7.8 Sekunden. Unser kombinierter Verbrauch unter winterlichen Bedingungen des Aiways U5 betrug 22,1 kWh pro 100 Kilometer (Stadt 22,5, Land 22,5, BAB 21,3 kWh/100 km). Die Reichweite des Aiways U5 mit seinem 63 kWh-Akku beträgt damit 285 Kilometer unter realistischen Alltagsbedingungen. Das ist ein guter Wert für eine 63-kWh-Akkueinheit.

 

Kofferraum Aiways U5 Premium – Bildnachweis: MOTORMOBILES



Das E-Auto und auch der U5 ist heute auf Langstrecke nichts für den Termin-geplagten Vollgasfahrer, sondern mehr für den gelassenen Reisenden. Auf Langstrecke sind die Ladepausen unvermeidlich. Die Schnellladeeigenschaften des U5 sind nicht überragend aber auch nicht schlechter als die eines doppelt so teuren Mercedes EQC. Einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz trägt der Leichtbau über die intelligente Verbundstruktur der Karosserie über die MAS-Plattform in Verbindung mit einem mittelgroßen Batteriepack bei. Die MAS-Plattform (More Adaptable Structure) besteht aus Aluminium. Der Aufbau besteht dagegen aus Stahl. So bringt der U5 lediglich 1.720 bis 1770 Kilogrammauf die Waage. Einen wesentlichen Anteil am geringeren Gewicht hat zudem das Batteriepaket. Aiways entschied sich für einen Energieinhalt von 63 kWh, um den Sweet Spot der Elektromobilität als Kompromiss aus Alltagsreichweite und Kosten abzubilden.

 

Aiways U5 punktte mit einer komfortablen Auslegung .- Bildnachweis: Laura Fleischhacker / MOTORMOBILES


Fahreigenschaften


Der U5 läßt sich unkonventionell in Bewegung setzen. Weder ein Startknopf noch ein Tastendruck sind notwnedig. Mit einem kurzen Druck auf das Bremspedal werden die Systeme zum Leben erweckt. Auf Fahrstufe D gestellt und die Parkbremse lösen und schon kann der U5 losfahren. Insgesamt fährt sich der Aiways überraschend komfortabel und deutlich besser als erwartet. Das Fahrwerk versucht nicht, übertrieben sportlich zu sein, sondern arbeitet angenehm kommod, wie man es von einem SUV erwartet. Auch der Geradeauslauf überzeugt. In der Stadt und auf dem Land ist der Verbrauch mit 16,8 kWh auf 100 km sogar ausgeprochen niedrig.

 

Der Aiways U5 Premium im Einzelttest – Bildnachweis: MOTORMOBILES



Die drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport unterscheiden sich nur minimal beim Beschleunigen und beim Rekuperieren. Optisch gewöhnungsbedürftig hat man sich schnell an das viereckige Lenkrad gewöhnt. Die Reichweite (WLTP-Angabe 400 km) sackt ab, der Verbrauch auf der Testrunde ist mit 28,5 kWh/100 km recht hoch. Die angegebenen 400 km im Sommer innerstädtisch und über Land sind unter Idealbedingungen realistisch. Wir fuhren den Wagen auf der Landstrasse z.T. mit unter 15 kWh knapp unter der WLPT-Angabe. Bei Autobahnfahrt (Tempo 120 – 130) sinkt die Reichweite auf etwa 260 Kilometer ab. Unter winterlichen Bedingungen mit Innenraumheizung, Sitzheizung und Beleuchting startet man mit rund 32 kWh. Dieser fällt aber bereits nach kurzer Zeit auf 22 kWh ab. Bereits nach einer viertel Stunde sind Akku und Innenraum auf Wohlfühltemperatur.


Technische Daten Aiways U5 Premium
Hersteller:Aiways
Karosserie:SUV der Kompaktklasse, viertürig mit 5 Sitzplätzen
Motor:Elektroantrieb
AntriebFrontantrieb
Leistung:150 kW / 204 PS
Drehmoment:310 Nm
Höchstgeschwindigkeit:170 km/h abgeregelt
Beschleunigung (0-100 km/h) in s7,8 Sekunden
Kombinierter Normverbrauch (WLPT) 17,0 kWh/100 km
Batteriekapazität:63 kWh
AC-Ladeanschluss am Fahrzeug:Typ 2
DC-Schnell-Ladeanschluss:CCS
AC-Ladefunktion (Onboardcharger):1-phasig
Max. Ladegeschwindigkeit:AC: 6.6 kW / DC 90,0 kW
Ladezeiten:100%: 600 min. (AC 1-phasig Wallbox/Ladesäule 6,6 kW); 80%: 35 min. (DC Ladesäule 90,0 kW)
CO2-Effizienzklasse:A+
Leergewicht 1.770 kg
Kofferraum432 -1.555 Liter; Bei dachhoher Beladung bis zu 1.675 Liter.
Zuladung:310 kg
Zul. Gesamtgewicht:2.155 kg
Wendekreis:11,8 m
Länge/Breite/Höhe/Radstand 4.680/1.865/1.700/2.800 mm
Felgen:19 "zweifarbig bearbeitete Leichtmetallräder
Reifendruckkontrolle (RDKS):Direkte Messung (Sensor)
Zul. Zuggewicht (gebr./ 12%) 1.500 kg
Grundpreis Testwagenab mindestens 35,402.50 (nach Herstelleranteil der Umweltprämie) zzgl. 590 Euro Überführungskosten
Testwagenpreis (brutto):38,480.09 Euro nach Abzug des Herstelleranteils der Umweltprämie.


Preise und Extras


Der Umfang an Komfort- und Sicherheitsdetails im Aiways U5 ist angesichts des Kaufpreises konkurrenzlos. Aiways weiß, dass man sich auf dem schwierigen europäischen Markt keine Schwächen in Sachen Sicherheit erlauben darf und auch bei den elektronischen Assistenzsystemen auf dem letzten Stand sein muss – zumindest gegen Aufpreis. Die Basisversion Standard startet vor Förderung ab 35.993 Euro. Der von uns Testwagen in Premiumausstattung für 39.070 Euro verfügt zudem über Annehmlichkeiten wie LED-Scheinwerfer, Panoramadach, Regen- und Lichtsensor, automatisches Fernlicht, Parkassistenten, Rundumkameras, Sitzheizung, Verkehrszeichenerkennung, Notbremsfunktionen, Abstandstempomat und vieles mehr.

Verzichten müssen Käufer des U5 auf ein Head-up-Display und auch ein Handschuhfach haben sich die Chinesen einfach „gespart“. Auch eine Abblendfunktion beim Innenspiegel wurde schlichtweg vergessenoder nicht nötig erachtet. Beim fehlenden Navigationssystem ist der Workaround das Smartphone. Per App unter Android oder nativ direkt per Apple CarPlay. Immerhin trägt dies mit zu dem günstigen Kaufpreis bei.


Fazit: Überzeugendes BEV mit vielen Stärken und nur wenigen Schwächen
 

So viel Elektroauto für so wenig Geld gibt es bisher nirgends auf dem deutschen Markt. Die Stärken des Aiways U5 lassen sich aber nicht nur auf seinen Anschaffungspreis reduzieren. Der Elektro-Crossover ist ein BEV ohne gravierende Schwächen. Und die schwerwiegenste Schwäche der zu geringen AC-Ladeleistung aufgrund eines nur einphasigen Onboard-Laders wird mit dem Modelljahr 2022 (Bestellstart 15. April 2022) beseitigt. Punkten kann das komfortable China-SUV mit bequemen E-Sitzen unter einem riesigen Panorama-Glasdach, einem dreiteiligen und übersichtlich gestaltetem Digital-Cockpit sowie einem 12,3-Zoll-Touchscreen über der breiten (aber empfindlich hochglänzenden) Mittelkonsole. Auf der Rückbank herrschen als Dividende der Elektro-Architektur üppige Platzverhältnisse. Das Vertrauen von Aiways in die Zuverlässigkeit seiner Technik zeigt sich u.a. darüber, dass die erste Wartung (beim Partner A.T.U.) erst nach einer Laufleistung von 100.000 Kilometern fällig wird.

 

Aiways U5 Premium
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