Abmahnung verschiedener Praktiken von Google im Zusammenhang mit den Google Automotive Services und der Google Maps Platform
Das Bundeskartellamt hat heute seine vorläufige rechtliche Einschätzung zu den Praktiken von Google im Zusammenhang mit den Google Automotive Services an Alphabet Inc., Mountain View, USA, und Google Germany GmbH, Hamburg, übermittelt. Nach dem aktuellen Stand des Verfahrens beabsichtigt das Bundeskartellamt unter Anwendung der neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB), Google verschiedene wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen zu verbieten.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: „Eine Reihe von Praktiken von Google bei der Lizenzierung von Diensten für Infotainmentsysteme in Fahrzeugen ist nach derzeitiger Einschätzung nicht im Einklang mit den neuen Regelungen des § 19a GWB. Wir betrachten es insbesondere als kritisch, wenn Google Dienste für Infotainmentsysteme nur im Paket anbietet, da dies die Chancen der Wettbewerber verringert, konkurrierende Dienste einzeln zu vertreiben.“
Die Google Automotive Services sind ein Produktbündel, das Google Fahrzeugherstellern zur Lizenzierung anbietet. Es umfasst den Kartendienst Google Maps, eine Version des App-Stores Google Play und den Sprachassistenten Google Assistant. Als Betriebssystem wird eine von Google entwickelte Variante von Android, das Android Automotive Operating System (AAOS), verwendet. Die Kombination der drei Dienste mit AAOS, die GAS Infotainment Plattform, stellt ein im Wesentlichen vollständiges Infotainmentsystem für Fahrzeuge dar. Es unterstützt Fahrer und Fahrerinnen bei der Navigation, gewährt Zugang zu Medieninhalten, erlaubt die Nutzung von Sprachtelefonie- und Messengerdiensten und ermöglicht die sprachgestützte Steuerung von Fahrzeugfunktionen. Google bietet Fahrzeugherstellern die drei Dienste grundsätzlich nur als Paket an und macht weitere Vorgaben für die Präsentation dieser Dienste im Infotainmentsystem, um sicherzustellen, dass sie bevorzugt genutzt werden.
Nach vorläufiger Einschätzung des Bundeskartellamtes erfüllt das Verhalten von Google die Voraussetzungen mehrerer Tatbestände des neu eingeführten § 19a GWB, auf dessen Grundlage das Bundeskartellamt die betroffenen Unternehmen verpflichten kann, die jeweiligen Praktiken zu beenden, sofern sie nicht sachlich gerechtfertigt sind.
Die Bündelung von Diensten könnte nach Ansicht des Bundeskartellamtes eine erhebliche Gefahr für den Wettbewerb darstellen, da Google dadurch seine dominante Position auf bisher unerschlossenen Märkten ausweiten könnte. Weiterhin könnte die Vereinbarung mit einigen Fahrzeugherstellern, Werbeeinnahmen aus der Nutzung des Google Assistant zu teilen, unter der Bedingung, dass ausschließlich der Google Assistant als Sprachassistent in der GAS Infotainment Plattform installiert wird, problematisch sein. Nach vorläufiger Einschätzung des Bundeskartellamtes könnten auch vertragliche Regelungen, mit denen Google die GAS-Lizenznehmer dazu verpflichtet, die Google-Dienste als Standard einzustellen oder sie in der Bildschirmanzeige vor anderen Anwendungen darzustellen, den Tatbestand der Behinderung beim Marktzugang erfüllen. Solche Voreinstellungen bergen das Risiko, dass alternative Dienste kaum wahrgenommen und entsprechend wenig genutzt werden. Google hat solche Praktiken bereits erfolgreich bei mobilen Endgeräten eingesetzt, um seine Marktposition auszubauen oder abzusichern. Schließlich könnte Google nach vorläufiger Einschätzung des Bundeskartellamtes die Interoperabilität seiner Dienste in der GAS Infotainment Plattform mit Diensten von Dritten erschweren oder verweigern. Dies führt dazu, dass die Funktionen der von Googles Wettbewerbern bereitgestellten Dienste, wie beispielsweise ein Sprachassistent zur Steuerung der Navigationsfunktionen in Google Maps, nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden können.
Google hat nun die Möglichkeit, zu den Vorwürfen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen.
Parallel dazu prüft das Bundeskartellamt weiterhin, inwieweit die Bedingungen von Google für die Nutzung der Google Maps Plattform die Verbotskriterien des § 19a Abs. 2 GWB erfüllen (vgl. Pressemitteilung vom 21. Juni 2022) und erwägt nach vorläufiger Einschätzung die Aufhebung der Einschränkungen von Google, Kartendienste der Google Maps Plattform mit Kartendiensten von Dritten zu kombinieren. Diese Einschränkungen könnten den Wettbewerb im Bereich der Anwendungen von Kartendiensten, wie sie beispielsweise von Logistikunternehmen, Fahr- und Lieferdiensten genutzt werden, behindern. Sie könnten sich auch negativ auf den Wettbewerb bei Infotainmentsystemen in Fahrzeugen auswirken, da es Anbietern von Kartendiensten dadurch erschwert wird, leistungsfähige Alternativen zu Google Maps zu entwickeln. Das Bundeskartellamt hat die beteiligten Unternehmen angehört und wertet derzeit die Stellungnahmen aus.
Das Bundeskartellamt arbeitet eng mit der Europäischen Kommission zusammen. Die Europäische Kommission beschäftigt sich derzeit mit der Umsetzung des im Mai dieses Jahres in Kraft getretenen Digital Markets Act (DMA), mit dem große Online-Plattformen einer besonderen Aufsicht unterworfen werden.
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